Blendend schöne Solaranlagen überall
Belästigungen durch Reflexion nehmen zu: Ursachen und Folgen: Jdes PV-Modul reflektiert einfallendes Licht. Manche mehr manche weniger. Unterscheiden lassen sich nur die Reflexionseigenschaften. Was zuerst merkwürdig klingt, lässt sich durch das Abdeckglas erklären, welches ähnlich wie eine Fensterscheibe, bei flachen Einfallswinkel so stark reflektiert, dass es zu Blendung betroffener Personen kommen kann. Daher können, ausgehend von PV- oder Thermie-Belästigungen durch Reflexion nehmen zu: Ursachen und Folgen: Jdes PV-Modul reflektiert einfallendes Licht. Manche mehr manche weniger. Unterscheiden lassen sich nur die Reflexionseigenschaften. Was zuerst merkwürdig klingt, lässt sich durch das Abdeckglas erklären, welches ähnlich wie eine Fensterscheibe, bei flachen Einfallswinkel so stark reflektiert, dass es zu Blendung betroffener Personen kommen kann. Daher können, ausgehend von PV- oder Thermie-Anlagen, egal welcher Größe, Reflexionsemissionen entstehen, die die Umwelt beeinflussen. Entscheidend ist dabei die Intensität der Sonne und der Sonnenstand, bzw. der Einfallswinkel auf die Module, sowie die Reflexionseigenschaften des Abdeckglases. Als Folgen dieser Reflexion können Belästigungen von Anreinern oder im schlimmsten Fall gefährliche Situationen im Straßen-, Bahn- oder Luftverkehr entstehen.
Ein neues Thema nach fast 20 Jahren intensivem PV-Ausbau?
Seit etwa 3 Jahren vernehmen wir beim DGS Landesverband Berlin-Brandenburg eine stetig wachsende Nachfrage an angeforderten "Fachgutachten zur Bewertung der Reflexionssituation von PV-Anlagen"; kurz "Blendgutachten". Damit das auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz offensichtliche Thema "Reflexion an PV-Modulen" in die Öffentlichkeit gelangte, musste wohl eine gewisse Zeit vergehen. Denn da der Großteil der Anlagen als nicht störend empfunden wird, mussten erst viele Anlagen umgesetzt werden, um eine kleine Anzahl an streitbaren Konstellationen zu erhalten. Es mussten mehr als 10 Jahre vergehen, bis dieses Thema die heutige Relevanz erreicht hat. Neben den Kosten dauert ein Verfahren vor Gericht seine Zeit, was mitunter ein Projekt in Frage stellen kann. Mittlerweile werden die ersten Streitfälle vor Gericht verhandelt. Aber auch viele Genehmigungsbehörden fordern mittlerweile ein solches Gutachten. Und nicht selten wird die DGS von überraschten Projektierern kontaktiert, die auf die schnelle ein "Blendgutachten" benötigen. Unabhängig von ihrer Größe muss jede PV-Anlag die Emissionsrichtwerte einhalten. So kommt es vermehrt bei kleinen, nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen, zu Streitfällen.
Grundlage der Bewertung
Glasfassaden und gebrannte Dachziegel sind nur einige Beispiele von spiegelnden Bauelementen. Warum müssen also PV-Anlagen im Vergleich zu Glasfassaden von Häusern untersucht und bewertet werden? Die Grundlage stellt das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) dar. In diesem steht sinngemäß, dass die Emissionen von technischen Anlagen bestimmte Werte nicht überschreiten dürfen. Dies gilt es nachzuweisen, bzw. zu kontrollieren. Ein Wohn-, oder Bürohaus gilt nicht als technische Anlage und muss somit auch nicht in seinen Reflexionsemissionen untersucht und genehmigt werden. Ob es für geblendete Autofahrer oder Piloten einen Unterschied macht, durch eine Glasfassade oder durch ein PV-Modul geblendet zu werden, bleibt zu bezweifeln. So gibt es von Seiten der DGS grundlegenden Diskussionsbedarf, warum der Gesetzgeber rechtlich zwischen Gebäuden und Solaranlagen unterscheidet und so die Solartechnik benachteiligt, bzw. eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern durch Reflexion an "nicht technischen Bauwerken" hinnimmt.
Fordert eine Behörde im Genehmigungsverfahren ein solches Gutachten, bleibt den beteiligten Akteuren momentan allerdings nichts anderes übrig, als die Situation bewerten zu lassen. Dies kann Betreiber oder Projektierer jedoch nicht selbst vornehmen. Es muss ein unabhängiger Gutachter beauftragt werden, der die Analyse und Bewertung der Situation vornimmt. Bewertungsgrundlage stellt derzeit einzig ein Hinweispapier mit dem Titel "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) dar. In Fachkreisen auch kurz unter LAI-Richtlinie bekannt. Diese ist eigentlich für die Bewertung von Lichtimmissionen, ausgehend von Beleuchtungsanlagen, verfasst worden. Zum Beispiel betrifft es Stadionlampen eines Sportplatzes, welche für eine Veranstaltung nach Sonnenuntergang eingeschaltet werden. Die Bewertung von Lichterzeugern erfolgt für eine dunkle Umgebung (Nacht). Vor einem dunklen Hintergrund können schon kleinere Intensitäten störend oder sogar blendend auf das menschliche Auge wirken. Während die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Auto auf der Landstraße tagsüber kaum genommen werden, muss man nachts den Blick abwenden. Im Gegensatz dazu erzeugen PV-Module oder Kollektoren selbst kein Licht und können nur tagsüber Sonnenlicht reflektieren. Die Umgebungsbedingungen, in denen eine Solaranlage Licht emittiert und eine Person beeinflusst werden kann, sind daher völlig andere als bei Lampen oder Scheinwerfern. Dem wird nicht Rechnung getragen.
Zwar gibt es im Anhang der Richtlinie ein kleines Kapitel, in dem speziell PV-Anlagen behandelt werden, jedoch ist dieses sehr kurz und allgemein gehalten. So wird z.B. überhaupt nur auf den Bereich "Schutzwürdige Räume" eingegangen, was Wohn- oder Arbeitsräume sein können. Der komplette Bereich des Verkehrs wird überhaupt nicht behandelt. Dies führt dazu, dass verschiedene Gutachter mit unterschiedlichen Verfahren und Maßstäben arbeiten und daher unterschiedliche Ergebnisse produzieren.
Darüber hinaus führt das dort beschriebene Verfahren zu Ergebnissen, die die Blendwirkung auf die Umgebung meist stark überbewerten. So wird z.B. die Modulfläche als komplett verspiegelt angenommen. Dementsprechend wird eine direkte ideale Reflexion angenommen. Die individuellen Reflexionseigenschaften werden ignoriert. Der Vorteil ist, dass die Berechnung einfach mit dem Reflexionsgesetz: "Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel" durchführbar ist. Eine "reale" Reflexion ist jedoch um einiges komplizierter. In der Realität teilt sich das reflektierte Licht in einen diffusen und einen direkten Anteil auf. Gerade Gläser mit einem hohen Anteil an diffuser Streuung werden bei der Bewertung nach der LAI-Richtlinie benachteiligt.
Hat der Gutachter allen Widrigkeiten zum Trotz die Blendintervalle für die betroffenen Bereiche ermittelt, muss er anhand der in der LAI-Richtlinie aufgeführten Richtwerte feststellen, ob Menschen übermäßig durch Blendung belästigt werden. Dazu wurden die in der LAI-Richtlinie aufgeführten Richtwerte einfach aus einem Hinweispapier "WEA-Schattenwurf" kopiert. Bei der DGS wird jedoch davon ausgegangen, dass sich ein Schlagschatten auf den Menschen anders auswirkt, als eine Blendung durch Licht. Somit ist der Gutachter gezwungen einen unbelegten Maßstab heranzuziehen, um die Anlage zu bewerten. Für den Verkehrsbereich gibt es keine Richtwerte über zulässige Blendintervalle oder Intensitäten, hier ist der Gutachter auf sich allein gestellt. Grundsätzlich trifft die LAI-Richtlinie für keinen Bereich eine Aussage über zulässige Intensitäten am Immissionsort, das sollte in einer Überarbeitung der Richtlinie ergänzt werden.
Nicht nur die Lückenhaftigkeit in der LAI-Richtlinie, auch der Fakt, dass das Papier keine Norm o.Ä. ist führt dazu, dass die erstellten Gutachten angreifbar werden. "Es sind eben nur Richtwerte". So gab es bereits Gerichtsurteile, die trotz eingehaltener Richtwerte dazu führten, dass Anlagen als übermäßige Belästigung für Nachbarn gesehen wurden. Der Betreiber muss in diesem Fall Abhilfe schaffen. Dies führt im schlimmsten Fall zum Rückbau der Anlage.
Allerdings ist das die Ausnahme. Trotz aller Kritikpunkte hat es die LAI-Richtlinie geschafft, in vielen Anwendungsfällen akzeptiert zu werden. Nicht zuletzt dadurch, dass es nichts anderes gibt. So beziehen sich Behörden wie Gerichte mehr und mehr auf dieses Hinweispapier. Positiv kann daher der Versöhnlichkeitscharakter und die Akzeptanz unter den Akteuren der PV-Branche hervorgehoben werden.
Besteht der Gesetzgeber auch in Zukunft weiterhin darauf die Reflexionsemissionen zu ermitteln, wird es mit den bestehenden Richtlinien für die Bewertung von Reflexion schwierig werden, die Solartechnik großflächig in die Städte zu bringen. Zum einen werden viele Gutachten negativ ausfallen, besonders bei Fassadenanlagen. Zum anderen ist das Erstellen von individuellen Gutachten kostenintensiv. Gerade bei kleineren PV-Aufdachanlagen im städtischen Raum sind diese unverhältnismäßig.
Was tut die DGS als Branchenverband gegen die Missstände?
Auf Grundlage der LAI-Richtlinie ist die DGS derzeit bestrebt eine Arbeitsgruppe zu gründen, um gemeinsam, aus der Praxis kommend, das bestehende Papier zu überarbeiten. Parallel dazu läuft bei der DGS in Berlin eine Abschlussarbeit zum Thema "Modellierung realer Reflexion". Die Erkenntnisse sollen es ermöglichen, die Streuung und die Minderung der Intensität in Abhängigkeit der Materialeigenschaften zu simulieren. Die Modellierung hat den Fokus Formeln zu ermitteln, die möglichst genaue Ergebnisse liefern. Daraus ergibt sich noch keine bedienbare Software. Der Grundstein für ein nutzerfreundliches Programm wird aber derzeit in einer Kooperation mit der HTW-Berlin gelegt. Die Bearbeitung und damit die Kosten eines Blendgutachtens sollen mithilfe dieses Tools drastisch reduziert werden.
Gibt es Anti-Reflexions-Module?
Nein! Eine Oberfläche die nicht reflektiert, wäre ein schwarzer Strahler, welcher nur idealisiert vorkommen kann. Keine Reflexion würde bedeuten, dass das Modul nicht sichtbar wäre. Es geht um die Intensität und eben diese kann durch die Materialeigenschaften des Abdeckglases beeinflusst werden. Die ersten Hersteller haben die Problematik bereits erkannt und ihre Produktpalette um reflexionsmindernde Module erweitert. Und hier bestehen Unterschiede. Die meisten Module mindern zwar die Intensität der Reflexion, doch leider nicht so weit, dass eine Blendung des menschlichen Auges unter allen Umständen ausgeschlossen werden kann. Als wäre die Problematik "Blendung durch PV" nicht schon kompliziert genug, ändern sich die Reflexionseigenschaften mit verschiedenen Einfallswinkeln (Sonnenständen). Bei südlich ausgerichteten Anlagen führt gerade die tiefstehende Morgen- oder Abendsonne, die flach auf das Modul einfällt, zu starken Reflexionen. "Blendfrei" sind also nur Module oder Kollektoren, die bei maximaler Intensität der Sonne und jedem Einfallswinkel keine Blendung des menschlichen Auges zulassen.
Es gibt erste Solargläser am Markt die diese Voraussetzung erfüllen. Bei der Auswahl sollte allerdings nicht nur auf das Label "blendfrei oder blendmindernd", sondern auch auf tatsächliche Eigenschaft geachtet werden.
Wann kommt es zur Blendung?
Es gibt verschiedene Arten der Blendung. Zum einen kann ein Mensch sich durch eine Leuchtquelle belästigt und sein Auge sich von dieser stark gereizt fühlen, sodass er sich abwenden muss. Schaut ein Auge in sehr helle Leuchtquellen, wie z.B. die Sonne, kann es sogar zu nachhaltigen Schäden kommen. Es kann festgehalten werden, dass der Begriff "Blendung" mehrere Facetten hat. Möchte man Grenzwerte aufstellen, muss sich zunächst darauf geeinigt werden, welche Art der Blendung noch zulässig ist und welche nicht. Doch es geht noch weiter. Menschen reagieren unterschiedlich sensibel auf die gleiche Leuchtintensität. Persönliche Eigenschaften wie Vorerkrankungen oder Alter haben einen Einfluss darauf, wie stark gestört sich eine Person durch Licht fühlt. Aus dem Automobilbereich gibt es einige Studien und Untersuchungen dazu. Allerdings beziehen diese sich alle auf starke Kontraste, wie einem Autoscheinwerfer in der Nacht. Daher können sie nur bedingt oder sogar gar nicht herangezogen werden. Soll ein weiterer Ausbau der Solartechnik, vor allem auch in der Stadt, weiter vorangetrieben werden, muss diese Lücke geschlossen werden. Mit realitätsnahen Forschungsergebnissen als Grundlage kann die bestehende Richtlinie verbessert, bzw. eine Norm erarbeitet werden, die einerseits einen weiteren Ausbau ermöglicht und andererseits die Bedürfnisse von Anwohnern und Verkehrsteilnehmern berücksichtigt.
Quellen
LAI-Richtlinie, Bundes-Immissionsschutzgesetz (BIm-SchG), "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI)
Fischbach, M.; Mack, M.; Haselhuhn, R.: Blendgutachten Photovoltaik - ein Statusbericht aus der Gutachterpraxis; 29. 12. Symposium Photovoltaische Solarenergie, OTTI e.V
Masterarbeit "Modellierung und Entwicklung eines Berechnungsverfahrens für die Bewertung von Blendemissionen ausgehend von PV-Anlagen", von Ngoc Tu Phan
Kevin Gajkowski