Wegbegleiter der Solarbranche
Aufstieg und Niedergang der SONNE WIND & WÄRME. Die Zeitschrift "Sonne Wind & Wärme" hat sich in den rund 40 Jahren ihres Bestehens mehrfach gewandelt, brachte zwei weitere Zeitschriften hervor und scheiterte am Ende an den Auswirkungen der Digitalisierung.
Gründung durch AbspaltungDas Fachmagazin entstand 1979 aus einer Abspaltung der Zeitschrift SONNENENERGIE, die erst drei Jahre zuvor als Mitteilungsblatt der DGS gegründet worden war. Dies hatte persönliche Gründe. Chefredakteur der SONNENENERGIE war seit 1976 Axel Urbanek, der sich aber bald mit der DGS überwarf und im Mai 1979 eine eigene, verbandsunabhängige Zeitschrift mit dem Titel "Sonnenenergie & Wärmepumpe" gründete. Der etwas längliche Titel brachte die erhebliche Erweiterung des Themenspektrums zum Ausdruck, das praktisch alle Erneuerbaren Energien sowie alle effizienten Energiewandler umfasste.
Axel Urbanek leitete diese Zeitschrift 13 Jahre lang und befasste sich mit allen Themen von der Windenergie bis zur Wasserkraft und von Blockheizkraftwerken bis zu Wärmepumpen. Diese Vielfalt war dadurch begründet, dass die öffentliche Debatte damals nicht vom Klimawandel beherrscht wurde, sondern von der Endlichkeit der fossilen Ressourcen, die seit den beiden Ölpreiskrisen 1973 und 1979 die Industriestaaten zur Suche nach Alternativen zwangen. Die rationelle Energienutzung war deshalb ein genauso wichtiges Thema wie die Solar- und Windenergienutzung. Deshalb informierte die "Sonnenenergie & Wärmepumpe" über kleine solarthermische Anlagen ebenso wie über große Blockheizkraftwerke, über die ersten Windparks ebenso wie über die Weiterentwicklung der Wärmepumpen.
Wärmetechnik statt Wärmepumpe
Im Juli 1992 kaufte die damalige Bielefelder Verlagsanstalt (seit 2003 "BVA Bielefelder Verlag", kurz BVA) die Zeitschrift einschließlich der 2.666 Abonnements und gab ihr einen neuen Namen: "Sonnenenergie und Wärmetechnik". Dies entsprach dem Bestreben, das Themenspektrum der Zeitschrift zu aktualisieren. Die in den 1980er Jahren relativ erfolgreiche Wärmepumpe fristete damals nur noch ein Schattendasein. "Heizen mit Strom" war in der Solarszene nicht mehr gern gesehen, weil der Strom entweder aus Kohlekraftwerken oder aus Kernkraftwerken kam. Als Wärmetechnik der Zukunft galt neben der Solarthermie und den Blockheizkraftwerken nun auch die Gasbrennwerttechnik. Chefredakteur wurde der Autor dieser Zeilen.
Das Stromeinspeisungsgesetz, das im Januar 1991 in Kraft getreten war, bewirkte eine deutliche Verschiebung des Themenspektrums, weil die Windenergie nun nahezu kostendeckend vergütet wurde und einen enormen Aufschwung erlebte. Folgerichtig widmete sich Anfang 1993 die erste Ausgabe der Zeitschrift "Sonnenenergie & Wärmetechnik" überwiegend der Windenergie. Sie war in den beiden folgenden Jahren zwar nur ein gelegentliches Thema, wurde aber ab 1995 zu einer regelmäßigen Rubrik ausgebaut. Das Magazin erschien sechsmal jährlich, und die Redaktion war bestrebt, die drei Rubriken Solarthermie, Photovoltaik und Windenergie im Verlauf eines Jahres jeweils gleichermaßen zu ihrem Recht kommen zu lassen.
Obwohl die Zahl der Abonnements langsam anstieg, blieb die Zeitschrift in den ersten Jahren tief in den roten Zahlen, denn nur wenige Firmen hatten damals genug Geld, um Anzeigen zu schalten. Aber schon bald setzte die Industrialisierungsphase der Erneuerbaren Energien ein. Solarkollektoren, Wechselrichter und Windkraftanlagen wurden nun in Kleinserie hergestellt. Das Marktvolumen stieg und die unternehmerischen Aktivitäten gewannen an Bedeutung. Dies wurde besonders 1996 deutlich, als die Gründerjahre der Photovoltaikindustrie begannen.
Windenergie als dritte Säule
Die Windenergie war inzwischen zu einer der drei tragenden Säulen des Magazins geworden, sodass eine Umbenennung unumgänglich wurde. Seit Januar 2000 erschien das Magazin unter dem Titel "Sonne Wind & Wärme". Das stetig wachsende Anzeigenvolumen ermöglichte es der Redaktion, den Umfang von anfangs 52 Seiten auf 88 Seiten zu steigern. Anfang 2001 wagte der Verlag den Schritt zur monatlichen Erscheinungsweise. Mit der 164 Seiten starken Jubiläumsausgabe, die im November 2001 erschien, kam die "Sonne Wind & Wärme" endlich aus den roten Zahlen heraus. Zwar waren 25 Jahre noch nicht vorbei, aber die DGS war so freundlich, die gemeinsamen Wurzeln der beiden Zeitschriften anzuerkennen, sodass sie nichts dagegen hatte, dass die "Sonne Wind & Wärme" ihr 25. Jubiläum im selben Jahr feiern konnte wie die SONNENENERGIE.
Weltweite Verbreitung
Weil sich die Solar- und Windenergie nicht nur in Deutschland, sondern in immer mehr Ländern ausbreitete, konnte die Redaktion nun auch im Ausland um Leser werben. Im Herbst 2003 gründete die BVA die Zeitschrift "Sun & Wind Energy". Das neue Magazin wurde weltweit verbreitet, musste aber praktisch ohne bezahlte Abonnements auskommen, sodass sie fast ausschließlich auf Anzeigenkunden angewiesen war. Zunächst ging alles gut, denn ein solches Magazin war in vielen Märkten noch weitgehend unbekannt, sodass die Nachfrage groß war. Die Schwelle war niedrig, denn kostenlose Probe-Abonnements werden immer gern genommen. Die Bereitschaft, anschließend dafür zu bezahlen, war allerdings gering. Aber die Solar- und Windenergieindustrie unterstützte das Erscheinen der "Sun & Wind Energy" durch Anzeigen, und die Hefte wurden immer dicker. Das Magazin erschien zunächst zweimal im Jahr, dann viermal, dann sechsmal und schließlich monatlich.
Alle drei Wochen ein neues HeftDer enorme Aufschwung der Photovoltaik seit 2004 bewirkte, dass das Thema Solarstrom alle anderen überflügelte. Die Zahl der Abonnenten der "Sonne Wind & Wärme" stieg auf über 4.000, die Zeitschrift war schließlich so dick geworden, dass sich die Frage nach der Aufspaltung der Zeitschrift stellte. Aber nur die Photovoltaik war damals stark genug, um die Herausgabe einer eigenständigen Zeitschrift zu rechtfertigen. Also entschied der Verlag, die Erscheinungsweise erneut zu steigern. Ab 2008 erschienen 18 Ausgaben der "Sonne Wind & Wärme". Die Leser bekamen also alle drei Wochen ein neues Heft.
Die Redaktion, die inzwischen auf 15 Personen angewachsen war, musste jährlich 30 Hefte produzieren, außerdem einige Sonderhefte, zum Beispiel zum Thema "Offshore-Windenergie", was schließlich zur Gründung einer dritten Zeitschrift, der "Offshore Wind Industry" führte, die von Mitte 2012 bis Ende 2017 alle drei Monate, also viermal jährlich erschien.
Auswirkungen der Digitalisierung
Als der deutsche Photovoltaik-Boom Anfang 2013 abrupt endete, ging es auch mit den Zeitschriften der BVA bergab. Die Anzeigenkunden mussten sparen und wandten sich, sofern sie den Niedergang des Marktes überlebt hatten, dem Internet zu. Die Digitalisierung (mit anderen Worten: das Internet) ermöglichte den Firmen, ihre Kunden schneller und direkter anzusprechen als durch das langsame, auf dem Postweg verschickte gedruckte Medium. Zuerst bekam die "Sun & Wind Energy" die Austrocknung zu spüren. Sie schrumpfte von Jahr zu Jahr und musste Ende 2016 ihr Erscheinen einstellen.
Die "Sonne Wind & Wärme" erschien nur noch zehnmal im Jahr, und die Redaktion wurde drastisch verkleinert. Doch noch einmal versuchte der Verlag, der Zeitschrift neue Impulse zu geben. Die Ausgabe zum 40. Jubiläum, die anlässlich der Intersolar 2016 erschien, zeigte sich im neuen Gewand. Die Leser schienen die Erneuerung des Layouts zu honorieren, denn viele hielten der Zeitschrift die Treue. Die Zahl der Abonnenten sank nur langsam (Anfang 2018 waren es noch etwas mehr als 2.700), aber das Anzeigenvolumen sank deutlich schneller, und zwar unerbittlich.
Ende 2017 erschien die "Offshore Wind Energy" zum letzten Mal, und im Juni 2018 gingen auch für die "Sonne Wind & Wärme" die Lichter aus. Sang- und klanglos verabschiedete sich die BVA aus der Erneuerbare-Energien-Branche, die sie 26 Jahre lang begleitet hatte.
Ausblick
Die "Sonne Wind & Wärme" war das erste auf Erneuerbare Energien spezialisierte Branchenmagazin, das vom Markt verschwand, wird aber vermutlich nicht das letzte sein. Denn erstens stehen der Solar- und Windenergieindustrie magere Jahre bevor und zweitens leiden alle gedruckten Medien unter der wachsenden Bedeutung des Internets, das immer mehr Informationen kostenlos verbreitet. Deshalb schwindet die Bereitschaft des Fachpublikums, für Nachrichten und Fachartikel zu bezahlen, und den Verlagen fällt es immer schwerer, die Kosten zu decken.
Auf der anderen Seite ist die Branche mehr denn je auf einen fundierten Meinungsaustausch angewiesen, weil die Energiewende in eine neue Phase tritt. Die Erneuerbaren Energien haben ihre technische Zuverlässigkeit bewiesen, aber ihre eigentliche Bewährungsprobe steht noch bevor, denn sie müssen vollständig in die Strom- und Wärmeversorgung integriert werden. Die bevorstehende Sektorkopplung verlangt nicht nur nach technischen, sondern auch nach politischen Lösungen. Plattformen zum Austausch von Informationen und Meinungen sind wichtiger denn je. Ob das Internet dies leisten kann, ist noch nicht absehbar. Deshalb werden wir bis auf weiteres gedruckte Publikationen brauchen.
Anmerkung: Der Auto war bis 2008 als Chefredakteur der Zeitschrift "Sonne Wind & Wärme" tätig. Seit 2008 arbeitet er als Freier Journalist.
Detlef Koenemann