Wir brauchen einfache Lösungen
Der Fußball ruhte eine längere Zeit. Das war für viele Anhänger des runden Leders weniger problematisch als für die Vereine, oder sollte man besser sagen, Unternehmen. Deren Geschäftsmodell, das wurde deutlich, ist extrem auf Kante genäht. Alle Einnahmen sind immer schon verplant, nicht zu sagen im Voraus ausgegeben. Erfolg und Misserfolg liegen eng beieinander und hängen von wenigen Momenten ab. Fällt das Tor noch in letzter Minute oder nicht, ist der Abstieg oder gar die Meisterschaft entschieden. Eine einzige Schiedsrichterentscheidung ist oftmals maßgeblich. Die dabei erlittenen Tragödien nähren bei manchen Tifosi die Überzeugung, dass hinter allem die große Fußballmafia steht und dort die Fäden gezogen werden. Es geht um viel, da wird von ganz oben manipuliert, alles nur eine Farce. Auch wenn mittlerweile der Videobeweis eingeführt wurde, alles istabgesprochen, die Wettmafia auch mit im Boot. Es soll sogar Vereine geben, die laut Direktive nicht aufsteigen durften. Sicher, es ist unbestritten, dass es immer wieder mal korrupt zugeht. Aber dass eine Clique in der Führungsetage von DFB und DFL alle Vereine samt Spieler, Trainer, Schiedsrichter nach ihren Vorstellungen lenkt und leitet, das ist schon eine äußerst schräge Vorstellung. Das erinnert schon mehr an den Film Matrix, der Aufwand wäre derart groß, die Wahrscheinlichkeit, dass alles auffliegen könnte enorm. Auf der anderen Seite führt das oftmals auch zu einem gewissen Fatalismus, der besagt, dass sich alle Fehlentscheidungen am Ende einer Spielzeit ausgleichen. Das ist natürlich ebenso ausgemachter Blödsinn. Nach welchen Naturgesetzten sollte das denn passieren, gibt es am Ende gar keine Glückspilze und Pechvögel?
Langer Einleitung kurzer Sinn
Wenn wir heute immer öfters glauben, dass komplexe Zusammenhänge und Zeitläufte von langer Hand geplant und gesteuert werden, ist das umso abstruser, da es einen solchen Plan vielleicht geben könnte, dieser aber, mal abgesehen von der Matrix-Theorie, nicht durchführbar wäre. So suchen viele nach einfachen Erklärungen, hängen aber gleichzeitig extrem unüberschaubaren Theorien an, die jegliche Vorstellungskraft sprengen. Beispiel Corona: Sollte sich tatsächlich die Weltengemeinschaft in ihrer heterogenen Struktur synchronisieren und von einem Masterplan der Mächtigen leiten lassen? Auf dem Niveau gibt es ja bekanntlich noch viele Thesen, die alle miteinander kombiniert werden können. Gesteuert wird alles, so eine verbreitete Vorstellung, von scheuen Eliten, die sich Entscheidungsträger und Industrielle als Marionetten halten.
Sicherlich ist es möglich auf breiter Ebene zu manipulieren, das haben nicht zuletzt die perfiden Köpfe bei Cambridge Analytica gezeigt. Es finden sich auch immer wieder skrupellose Persönlichkeiten, die machtversessen und oftmals narzisstisch-faschistoid genug sind, jedes nur mögliche Werkzeug zu benutzen um ihr Ego zu befriedigen und ihr Weltbild auszuleben. Aber sie sind letztendlich aus ihrer Egomanie heraus nicht bereit, zu kooperieren. Die vermeintlich vereinte Rechte übt zwar immer wieder mal den Schulterschluss, aber letztendlich ist ein multinationaler Nationalismus ja ein Widerspruch in sich. Wie könnte es auch mehrere, anderen Nationen überlegene Völker gleichzeitig geben.
Glauben an Lösungen
Die schon fast mystifizierte Gedankenschmiede des Silicon Valleys ist ein Sinnbild für den Widerspruch zwischen großem Fortschrittsglauben und mangelndem Schuldbewusstsein. Denn all' die Dinge, die uns unterstützen sollen, verbessern und optimieren mögen, haben immer auch eine unberechenbare Seite, die schnell außer Kontrolle gerät. Wie schon die friedliche Nutzung der Kernenergie ein naiver Traum war, die Gentechnik sich nicht ethisch-moralischen Werte ketten lässt, ist auch die Steigerung der persönlichen Effizienz mit Hilfe von Apps und dergleichen sehr leicht für andere Zwecke einsetzbar.
Eines ist aber auch hier kaum vorstellbar: Ein System im Hintergrund hat dies im Griff, nicht zu sagen für die eigenen Zwecke entwickelt. Trotzdem werden einzelne Bausteine geschickt genutzt, um Vorteile zu gewinnen. Verstrickungen und Komplotte haben aber eine Grenze. Kein Syndikat hat diese Fähigkeiten, welche man sich in seinen Albträumen ausmalen mag. Das heißt natürlich nicht - ganz im Gegenteil - sich nicht gegen Überwachung, Manipulation, Einschränkung der Freiheitsrechte, Gleichschaltungen .... zu wehren. Es ist jedoch nicht zielführend, hinter allem den großen Zusammenhang zu vermuten und zu suchen.
Bewährtes nutzen
Wie aber können wir uns in einer immer unübersichtlicheren Welt zurechtfinden und die große Herausforderung, die Verhinderung der Klimakatastrophe, meistern. Bedarf es hier neuer Werkzeuge, neuer Technologien, vernetztem Denken und Handeln, müssen wir uns in der KI neu erfinden? Überwältigt von der mannigfaltigen Problematik resigniert man schnell und weiß oftmals gar nicht wo man beginnen sollte. Gerade das Überangebot an Information erdrückt und demotiviert gewissermaßen. Es ist aber auch keine Lösung, die Folgen unseres komplexen Wirkens rein technologisch zu reparieren, mit noch komplizierteren Werkzeugen kommen wir aus der vertrackten Lage nicht heraus.
Es geht um einfache Lösungen, die keinen ultimativen Anspruch haben: Vereinfachung und Rückbesinnung, Entschleunigung und Ruhe, Sparsamkeit und Notwendigkeit. Wir nehmen uns heraus, die Zusammenhänge zu verstehen, glauben, dass diese und jene Maßnahme ohne Auswirkungen auf ihre Umgebung, somit "umweltfreundlich" ist. Aber ist es nicht besser zu versuchen weniger Einfluss zu nehmen, sich mehr zurückzuhalten und bescheidener zu agieren? Es geht um einfache Lösungen, die keinen ultimativen Anspruch haben: Vereinfachung und Rückbesinnung, Entschleunigung und Ruhe, Sparsamkeit und Notwendigkeit. Wir benötigen einfache Lösungen auf allen Ebenen, eine davon sind dezentrale Erneuerbare Energien!
Um es am Ende mit Loriot zu sagen: "In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen."
Matthias Hüttmann