An den Taten will ich ihn messen
„Altmaier räumt Fehler beim Klimaschutz ein“ – so lautete eine Schlagzeile Anfang August, die in der erneuerbare Energiebranche und der Klimabewegung mit eifrigem Kopfnicken aufgenommen wurde. Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie hat das in einem Interview eingeräumt, um gleichzeitig zu betonen, dass mit dem Kohleausstieg nun der richtige Weg eingeschlagen sei.
Einigen Mitstreitern gegenüber habe ich diese Aussage so kommentiert: Ich setze nichts auf diesen Satz, ich werde ihn an den Taten und Umsetzungen messen, ob es ernst gemeint ist. Wichtige Schritte stehen an: Die Erneuerbaren Energien brauchen ein konkretes Ausbauszenario für die kommenden Jahre, die anstehende EEG-Novelle muss neue Regelungen für Ü20-Anlagen und Mieterstrom finden, um einerseits den Abbau zu verhindern und andererseits den Zubau anzukurbeln. Bei Wärme und Verkehr muss teilweise mit der Energiewende überhaupt erst begonnen werden.
Die aktuellen Taten lassen mich jedenfalls zweifeln: Der Kohleausstieg, der mit dem Kommissionsergebnis fast nichts mehr zu tun hat und viel zu lange dauert, die massive Unterstützung von Lufthansa und Co., die zwar Milliarden erhalten, dafür aber weder den Fluggästen ihre Entschädigungen zahlen noch Arbeitsplätze erhalten oder sparsame Flugzeuge kaufen wollen. Oder auch der inszenierte Hype des Wasserstoffs ohne klares Bekenntnis zu dessen grüner Erzeugung. Und neuerdings zähle ich auch die Idee des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) dazu, bei den Ausschreibungen für Offshore-Windenergie ein „Eintrittsgeld“ für Projektierer und Errichter verlangen zu wollen, wenn diese sich mit neuen Parks bewerben wollen.
Ist es so unerträglich, dass sich eine erneuerbare Technik nun auch wirtschaftlich durchsetzt? Es ist doch eine echte Erfolgsgeschichte, dass inzwischen die ersten Windparks und auch große Solarparks ganz ohne öffentliche Förderung entstehen können. So könnte man ja auch sagen: Toll, dass ihr das entwickelt und vorangetrieben habt, jetzt dürft ihr damit auch Geld verdienen. Man kann – kaum ist dieser Zustand erreicht - das gleich aber auch wieder durch Diskussionen über neue Abgaben verunsichern.
Ich jedenfalls werde die kommenden Taten des BMWi und der Berliner Politik insgesamt daran messen, ob
- ein Fahrplan für den Ausbau der kommenden Jahre erstellt wird
- die Photovoltaik beweisen darf, dass sie jährlich über 10 GW neu aufbauen kann
- Probleme bei Ü20 und Mieterstrom gelöst werden
- der Prosumer und die Bürgerenergie anerkannt und vorangebracht werden
- insgesamt Bürokratie bei der Energiewende abgebaut wird
Zusammengefasst: Ich werde beobachten, ob die deutsche Politik die Rahmenbedingungen so setzt, dass Klimaschutz rasch und einfach angegangen und gleichzeitig vom kleinen Bürger bis zum großen PV-Errichter mit diesem Engagement auch Geld verdient werden kann und darf. Denn ohne diesen Anreiz wird es die Energiewende zukünftig schwer haben in unserem Land.
Jörg Sutter