Angela Merkel - ein politischer Nachruf
Die Ära Merkel geht zu Ende: am 31. Dezember wird Angela Merkel ihre letzte Neujahrs-Ansprache als gewählte Bundeskanzlerin halten; wenige Monate später nach der Bundestagswahl ist sie allenfalls nur noch geschäftsführend im Amt. 16 Jahre hat sie mit ihrer Richtlinienkompetenz als Kanzlerin die Politik und das Land geprägt. Insofern trägt sie auch die Verantwortung für die Entwicklungen in Deutschland und darüber hinaus - im Guten wie im Schlechten. Sicher gibt es auch die unvermeidbaren äußeren Einflüsse, und niemand wird erwarten, dass z.B. ein Wasserbauingenieur in der Wüste Weltbewegendes leistet. Nun ist allerdings Angela Merkel weder Wasserbauingenieurin noch wurde sie frühzeitig in die Wüste geschickt. Merkel, promovierte Physikerin und vom US-Magazin Forbes mehrfach zur weltweit einflussreichsten Frau des Jahres gewählt, stand an den Hebeln der Macht eines der reichsten Länder der Erde.
Insofern sind die Ergebnisse dieser Ära meist dürftig und bisweilen verheerend: Da sind zum einen die zahlreichen Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland, auch in den Bereichen Energie, Verkehr und Landwirtschaft, die die Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz betreffen. Doch die Kanzlerin gibt lieber die - vielfach erfolglose (Ukraine, Griechisch-Türkischer Konflikt) - internationale Krisenmanagerin, statt in Deutschland die Defizite abzuarbeiten. Merke(l): Wer anderen Staaten den Weg weisen will, sollte zuerst seine Hausaufgaben gemacht haben.
Nicht besser sieht es in der Klimapolitik aus: Die Kanzlerin hat international viel geredet und oft demonstrativ den mahnenden Zeigefinger gehoben. Ergebnis zuhause: unter anderem eine viel zu niedrige CO2-Steuer, keine Steuer auf Flugbenzin und ein Kohleausstieg zum "klimaschützenden" Sankt-Nimmerleins-Tag - dabei hätte eine kleine Änderung des Berggesetzes den Braunkohle-Bonzen das Wegbaggern von Dörfern durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung erschwert.
Und in der Land- und Forstwirtschaft, bei Düngeremissionen, Dürrewäldern und Massentierhaltung lässt Merkel eine ehemalige Weinkönigin weiter wursteln, statt als Physikerin, die es eigentlich wissen müsste, ihren weniger "beleuchteten" Ministern die Problematik von Klimagasen und Klimachaos zu verdeutlichen. Es ist bezeichnend, dass es des Auftretens einer ausgewachsenen Pandemie bedurfte, damit die Bundesregierung auch nur einigermaßen ihre Klimaziele für 2020 einhalten konnte. Weitere 10 Jahre Merkel im Kanzleramt - und unsere eh' schwachen Klimaziele könnten nur noch durch eine Alien-Invasion gerettet werden.
Besonders übel ist die Pfarrerstochter mit den Erneuerbaren Energien umgesprungen: zuerst die im Herbst 2010 festgeschriebene Rückkehr zur Atomenergie, dann unter dem Eindruck der öffentlichen Meinung nach Fukushima die Abkehr davon und die Wende hin zu den Erneuerbaren in Merkels Regierungserklärung vom 09.06.2011! Zugleich ging das Herumschnippeln am EEG und der Niedergang/Ausverkauf der deutschen Solarindustrie weiter. Mal wieder viel zu spät merkte die Kanzlerin, dass Firmen aus Fernost auf Einkaufstour bei der deutschen Solar- und sonstigen Industrie waren. Natürlich hätte man die deutsche Solarwirtschaft retten können, wenn man die EEG-Zahlungen für PV-Anlagen von sozialen Mindeststandards in den Hersteller-Unternehmen und einer Erneuerbaren-Energien-Quote bei der Produktion der Zellen abhängig gemacht hätte. Doch dafür tat Merkel nichts. Stattdessen wurde und wird weiter wetterwendisch "Herumgemerkelt": Pariser Klimaziele ja, frühzeitige Abschaffung des 52-GW-Deckels nein. Grüner Wasserstoff ja, entsprechender Ausbau der Erneuerbaren nein. Usw. usw.
Was bleibt also von der Kanzlerschaft Angela Merkels? In jedem Fall 16 für den Klimaschutz und die Erneuerbaren Energien verlorene Jahre. Und die noch lange nachhallende Wut der jungen Leute von Fridays-for-Future und XR, die um ihre Zukunft betrogen wurden. Ihren Ruhmesplatz in der Geschichte hat die Kanzlerin selbst ruiniert.
Angela Merkel - danke für gar nichts!
Götz Warnke