Der Unmut von Banz
Förderstopp des Marktanreizprogramms dominierte das 20. Symposium Thermische Solarenergie in Kloster Banz/Staffelstein: Der Frust der Solarbranche über den Förderstopp saß tief. Dass die Vertreterin des Bundesumweltministeriums Karin Freier nicht zum Symposium Thermische Solarenergie erschien, kam schlecht an. Die Teilnehmer des Symposiums hätten sicher gerne mehr über „Stand und Perspektiven der Erneuerbaren Wärme“ erfahren. So lautete zumindest ihr ursprünglich vorgesehener Vortragstitel. Stattdessen ließ sie sich von einem Mitarbeiter entschuldigen. Neue Informationen aus Berlin hatte er nicht im Gepäck. Er las lediglich die offizielle Pressemitteilung vor, in der es heißt, dass eine „qualifizierte Haushaltssperre“ zum sofortigen Förderstopp des Marktanreizprogramms (MAP) geführt hat. Nach den drohenden Kürzungen der Solarstromförderung wurde damit auch der Solarwärme der Hahn abgedreht. Ganz gleich, welche politischen Wendungen jetzt noch folgen werden, der angerichtete Schaden ist jetzt schon enorm. Die Aussagen der Bundesregierung zum Klimaschutz entpuppen sich mittlerweile leider immer deutlicher als reine Lippenbekenntnisse.
Trübe Aussichten?
Die politischen Rahmenbedingungen für das Jubiläums-Symposium waren somit äußerst ungünstig. Neben der trüben Marktlage gab es auch noch graues Wetter – nun konnte nur noch die Veranstaltung für Laune und Motivation sorgen. Aber offen gesagt, das diesjährige Programm riss niemanden von den Sitzen. Das lag weniger am Veranstalter, vielmehr waren es dieses Mal auffällig viele Vorträge, bei denen langjährige Besucher das ein oder andere déjà-vu Erlebnis hatten. So stellten zahlreiche Autoren leider nur eine weitere Fortführung ihrer Messergebnisse vor, berichteten von den Fortschritten in der Gremiums- und Verbandsarbeit und zeigten im Detail, dass es mit der Solarthermie immer wieder ein kleines Stück voran geht. Das Symposium ist sicherlich nach wie vor eine der zentralen Veranstaltungen der Branche, auch wenn im Gegensatz zur Photovoltaik die Zahl der Teilnehmer in den letzten Jahren nur moderat anstieg. Aber es sind ja nicht nur Stammgäste im Kloster, auch dieses Mal gab es wieder eine stattliche Anzahl an Erstbesuchern.
Um die Solarthermie voranzubringen, sind neben den politischen oder vielmehr gesellschaftlichen Rahmenbedingungen natürlich zwei Ebenen elementar. Zum einen gilt es das Produkt Solaranlage stets weiter zu entwickeln, sprich Innovationen zu generieren. Zum anderen ist das Marketing entscheidend. Der Wettbewerb untereinander ist dabei womöglich gar nicht so wesentlich. Vielmehr ist es notwendig, sich gegenüber der eigentlichen Konkurrenz, der nicht solaren Wärmeversorgung, zu positionieren. Wie wichtig das ist, konnte man überall vernehmen. Allein der Glaube an die eigenen Möglichkeiten ist nicht durchweg verbreitet. Möchte die Solarwärmebranche wieder wachsen, so sollte sie sich ihre Einsatzgebiete vor allem auf dem ganz alltäglichen Wärmemarkt erschließen. Lautstark geäußertes Selbstbewusstsein, dass man nicht nur ein Anhängsel konventioneller Heizungstechnik ist, wird jedoch immer noch ein wenig skeptisch beobachtet.
Welcher Kollektor ist der beste
Die Diskussion zum Thema faire Bewertung der Leistungsfähigkeit von Kollektoren und Komponenten in der Werbung ist für die aktuelle Situation bezeichnend. Zwei nicht allzu kontroversen Statements, einem vorgetragen von Carsten Kuhlmann (Standpunkt des Verbandes BDH) und einem, vorgetragen durch Gerhard Stryi-Hipp, der mittlerweile vom BSW nach Freiburg ins Fraunhofer ISE abgewandert ist, folgte eine Reihe interessanter Wortmeldungen. Kuhlmann betonte, dass es dem BDH vor allem darum ginge, den Kunden vor unlauterer Werbung zu schützen. Man hätte die Sorge, dass diese potentiellen Solaranlagenkäufer vor lauter Unklarheit und nicht vergleichbarer Werbung zurückschrecken und sich schließlich gegen ein solches Produkt entscheiden. Man möchte einwerfen, wenn dem wirklich so wäre, würde wohl niemand einen Mobilfunkvertrag oder einen Leasingvertrag abschließen. Transparenz ist zwar ein wesentliches Kriterium in Sachen Verbraucherschutz, eine Kaufzurückhaltung sollte man jedoch weniger daraus ableiten. Dass es auf dem Markt nur Hochleistungs- bzw. Höchstleistungskollektoren gibt, ist zwar für den Nutzer nicht nützlich, aber sicherlich auch kein KO-Kriterium. Lassen sich Kunden vom Kauf abbringen, wenn in Prospekten Begrifflichkeiten wie Solare Deckung, Wirkungsgrad oder Wirtschaftlichkeit nach Gutdünken verwendet werden? Schreckt man zurück, wenn Bezugsgrößen, nach denen ein möglicher Ertrag bzw. eine Einsparung prognostiziert werden, nicht auf einheitlichen Definitionen beruhen? Die Diskussion spiegelte vieles wieder, an allen Ecken und Enden wird offensichtlich nach Gründen für die Kaufzurückhaltung gesucht.
Krämergeist: das war einmal
Gerhard Stryi-Hipp stellte fest, dass der Kunde die Information die er möchte ohnehin nicht bekommt. Diese Problematik sei nicht neu. Wirkungsgrade interessieren ihn nicht, alles was er wissen möchte, sind kWh, genauer die Erträge der Solaranlage. Jäger bekräftigte dies mit seiner Aussage, dass der Solaranlagennutzer eigentlich nur wissen möchte, wie hoch die Einsparung durch eine Solaranlage ist, die Gesamteinsparung des Systems Solaranlage in Kombination mit der Heizung sei ihm wichtig. Wie hoch seine künftigen Energiekosten sein könnten und welches System dafür das richtige sei. Timo Leukefeld pflichtete dem bei. Er habe die Erfahrung gemacht, dass seine Kunden Brennstoffeinsparung wollen, die solaren kWh sind dagegen nebensächlich. Fazit der Diskussion: Es ist anscheinend durchaus bekannt, was der Kunde, der noch keine Solaranlage hat, von einer solchen erwartet, nur bietet das der Markt anscheinend unzureichend an. Roger Hackstock vom Verband Austria Solar kennt den Konflikt aus eigener Erfahrung. Sein Lösungsvorschlag: Wenn wir in die Masse wollen, müssen wir es für die Kunden einfach machen. Zu viele Detailinformationen sind oftmals nur hinderlich. Seine Erkenntnis: Kunden glauben die Versprechungen zum überwiegenden Teil ohnehin nicht. So war man sich abschließend durchaus einig. Andreas Wagner appellierte deshalb auch an die Branche: Wir sollten uns zusammensetzen, denn Krämergeist, das war einmal, inzwischen sei man ja eine durchaus kooperative Branche.
Preise
Bei den diesjährigen Poster- und Innovationspreisen wurden den Juroren die Arbeit nicht leicht gemacht, die Qualität war dieses Jahr erfreulich hoch. Den ersten Preis bei der Posterprämierung holte sich der Architekt Florian Lichtblau. Mit dem Preis wurde vor allem die behutsame und gelungene Sanierung eines ehemaligen Brauereigebäudes prämiert. Das neue Äußere der ehemaligen Grünerbräu, die 2001 als letzte der einst 28 Bad Tölzer Brauereien geschlossen wurde, zierte im Übrigen auch die Tagungsflyer des Symposiums. Die weiteren Posterpreise gingen an Mike Wutzler (Betriebserfahrungen zur solaren Prozesswärmebereitstellung) und Dominik Bestenlehner (Schnellprüfverfahren für Sonnenkollektoren). Die Innovationspreise holten sich dieses Jahr Wilo für ihre hocheffiziente Pumpen Stratos TEC?ST. Platz zwei belegte Viessmann mit dem neu entwickelten, liegend montierbaren Vakuum-Heat-Pipe-Kollektor. Der dritte Preis ging schließlich an die Firma Greiner PURtec für ihr Dämmsystem Neodul+ und Symbio NT. Der Outdoor Tracker der Freiburger PSE AG bekam zudem noch einen Trostpreis. Die sehr hohe Qualität der eingereichten Produkte veranlasste die Jury, dieses Jahr eine zusätzliche Auszeichnung auszuloben.
Fazit
Nach 20 Jahren Symposium Thermische Solarenergie bräuchte es vielleicht ein wenig Auffrischung. Sowohl was die Inhalte, als auch die Struktur angeht. Würde man die Fachvorträge, Poster und Themen einmal nach Herkunft, Inhalt und Neuigkeitsgehalt analysieren, würde möglicherweise ein schönes regelmäßiges Muster entstehen. Ähnlich dem in einem Poster vorgestellten Carpet-Plot. Mit einem solchen Rasterdiagramm, das optisch bisweilen einem Teppichmuster gleicht, ist es möglich, eine graphische Darstellung von Ausprägungen in ihrem zeitlichen Zusammenhang darzustellen. Immerhin, das ist schon auch durchaus etwas Innovatives. Diese Art der Darstellung gab es 2009 beim 19. Symposium zwar schon zu sehen, aber manches wird auch erst auf den zweiten Blick deutlich.
Verpasste Chancen
Ob die Fördergelder des Marktanreizprogramms (MAP) bis zur Drucklegung dieser Ausgabe wieder freigegeben sind, ist momentan unklar. Die Branche war nach den Bundestagsbeschlüssen des vergangenen Jahres eigentlich von weniger Schwankungen in Sachen Förderung ausgegangen. Schließlich sind ihr die Auswirkungen des Auf und Ab beim MAP hinlänglich bekannt: abwartende Haltung der Kunden, geringe Investitionssicherheit und schwankende Nachfrage. Diskussionen zu diesem leidigen Thema, so dachte sie, seien Vergangenheit.
Wie groß der Markteinbruch der Solarbranche sein wird, darüber kann man sich trefflich streiten. Dass bereits ein großer Schaden entstanden ist, da sind sich Verbände, Handwerker wie auch interessanterweise die meisten Politiker einig. Die ersten Auswirkungen ermittelte der Solarverband BSW bereits. Allein im Mai ging die Nachfrage nach Solarkollektoren um 33 Prozent zurück. Von Seiten des Bundesumweltministeriums heißt es zudem: „Wir sind immer noch der Auffassung, dass man durch die Kürzung beim MAP überhaupt kein Geld sparen kann“. Im Gegenteil, sagte ein Sprecher. Aus einer aktuellen Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien geht vielmehr hervor, dass durch die Sperrung dem Fördergeber in diesem Jahr bereits 150 Millionen an Steuereinnahmen verloren gegangen sind. Zudem kommen noch Ausfälle für Sozialversicherungsbeiträge und Arbeitsmarktentlastungen in Millionenhöhe. „Bleiben die Mittel blockiert, bringt sich der Fiskus um Steuereinnahmen und betätigt sich als Investitionsbremse. Denn viele Heizungsmodernisierungen werden auf die lange Bank geschoben“, kommentiert Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien die Ergebnisse des ifo-Gutachtens. „Die Freigabe der gesperrten Mittel käme einem kleinen Konjunkturprogramm mit großer Klimawirkung gleich,“ so Mayer weiter. Die Solarwärmebranche rechnet damit, dass ein kompletter Förderstopp bis zu 10.000 Arbeitsplätze kosten kann. Die Tragik: Es geht um mehr als die bereits bestehenden Jobs. Es geht auch um die vielen Arbeitsstellen, die nun nicht geschaffen werden können, sei es in der Industrie, sei es im Handwerk.
Dass das MAP als eine Art Investitionskatalysator fungiert, das kann man an den Zahlen der letzten Jahre sehr gut erkennen. Über die Jahre 2000 bis 2010 wurden insgesamt (Stand April 2010) 1.143.368.926 Euro an Zuschüssen ausgezahlt. Dem steht ein Investitionsvolumen von 8.063.916.395 gegenüber. Das MAP löste somit bislang auf allen Stufen der Wertschöpfungskette von der Fertigung über Vertrieb und Installation ein Vielfaches an Investitionen aus.
Dass sich die zukunftsträchtigen Technologien durch eine, wohl auf kurzfristigem Denken basierende Entscheidung verhindern lassen, ist nicht anzunehmen. Der zwingend notwendige Umbau unserer Wärmeversorgung verzögert sich dadurch leider unnötig.
Matthias Hüttmann