Neue Energie im Land der Pharaonen
Wachsender Markt für Erneuerbare Energien in Ägypten: Ägypten ist ein attraktiver Markt für Erneuerbare Energien in der Middle East and North Africa (MENA)-Region. Jährlich wächst der Markt für Umwelttechnologien und -dienstleistungen um rund zwölf Prozent. Das Elektrizitätsministerium prognostiziert für die kommenden 50 Jahre einen steigenden Elektrizitätsbedarf von sechs bis sieben Prozent jährlich. Die vorhandene Kraftwerkskapazität soll dementsprechend versechsfacht werden. Im Jahr 2020 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix 20 Prozent betragen, zwölf Prozent davon sollen aus Windenergie und acht Prozent aus Sonnenenergie stammen. Besonders der Windpark bei Al-Zeit ist für große Pläne vorgesehen: Dort sollen bis 2022 auf einer Fläche von 656 km2 rund drei Gigawatt installiert werden. Die Japan Bank for International Cooperation (JBIC), die KfW Bank sowie die spanische Regierung finanzieren das Projekt.
Bereits im Jahr 1999 hat Kairo den Neuen Umweltaktionsplan (NEAP) initiiert, der bekräftigt, dass ein nachhaltiges Wachstum der ägyptischen Industrie nur durch die Berücksichtigung internationaler Umweltstandards und die Einsparung von Produktionskosten erreicht werden kann. Der NEAP erstreckt sich über den Zeitraum 2002 bis 2017. Der ehemalige deutsche Bundesumweltminister Sigmar Gabriel unterzeichnete im Jahre 2006 zusammen mit seinem ägyptischen Kollegen Maged Ghattas eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im Klimaschutz. Auf Basis des Kyoto-Protokolls können Emissionsgutschriften (CER / Certified Emission Reduction) von Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien über den CDM (Clean Development Mechanism) gehandelt werden. Für Klimaschutzprojekte in Ägypten haben deutsche Firmen somit einen flankierenden finanzpolitischen Rahmen.
Des Weiteren wurden im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit zwei Initiativen ins Leben gerufen. Zum einen wurde Ende Juni 2008 das Regional Center for Renewable Energy & Energy Efficiency (RCREEE) in Kairo gegründet. RCREEE ist ein energiepolitischer Think Tank der unterzeichnenden Mitgliedsstaaten Algerien, Ägypten, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, Palästina, Syrien, Tunesien und Jemen. Er wird neben Deutschland auch von Dänemark und der Europäischen Union finanziell und technisch unterstützt. Außerdem wurde im Jahr 2007 das gemeinsame ägyptisch-deutsche Hohe Komitee für Erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Umweltschutz gegründet, das die Grundlage für eine intensive ägyptisch-deutsche Zusammenarbeit bietet. Mitglieder auf ägyptischer Seite sind das Ministerium für Elektrizität und Energie, das Umweltministerium, das Ministerium für internationale Kooperation und das Außenministerium. Deutsche Partner sind das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
Anwendungsgebiete und installierte Leistung
Ägypten verfügt über sechs Wasserkraftwerke. Der Ende der 1960er Jahre fertig gestellte High Dam mit einer Leistung von 2,16 Gigawatt nimmt dabei die Spitzenposition ein. Der Windpark Zafarana, der 220 Kilometer südöstlich von Kairo an der Küste des Roten Meeres liegt, hat derzeit eine Kapazität von 140 Megawatt. Zudem gibt es einen Versuchswindpark in Hurghada mit einer Kapazität von fünf Megawatt.
Im Bereich der Solarenergie wird mit Kuraimat I im Moment ein Hybridkraftwerk gebaut, dessen Gesamtleistung 140 Megawatt betragen wird. Die Finanzierung des Projekts stellen Gelder des Global Environment Facility der Weltbank und der Japan Bank for International Cooperation sicher.
Kuraimat II, mit einer Kapazität von 750 Megawatt und einem Auftragsvolumen von 300 Millionen US-Dollar, ist ebenfalls ein kommerzielles solarthermisches Hybridkraftwerk. Dort werden solarthermische Energie und Erdgas genutzt. Das 130.000 m² große Solarfeld soll noch 2010 fertig gestellt werden; voraussichtlich werden insgesamt 53.000 Parabolspiegel installiert werden. Ägypten setzt sich auch für den Ausbau der Aktivitäten auf dem Gebiet der Biokraftstoffe und des Recyclings verwertbarer Reststoffe ein. Im Gouvernement Sharqiya – im nordöstlichen Nildelta gelegen – führte tschechische Unterstützung nach dreijähriger Forschungsarbeit zur Inbetriebnahme einer Recycling-Anlage für Brennstoffe. Dort produziert man Pellets, die als Kohleersatz genutzt werden. In Sharqiya und im benachbarten Daqahliya werden zusätzlich zwei Modellanlagen errichtet, die Reisstroh in Biogas umwandeln.
Aufgrund des steigenden Strombedarfs des Landes, ist ein Zubau von mindestens zwei Gigawatt pro Jahr erforderlich. Ein Plan der Egyptian Electricity Holding Company (EEHC) sieht eine Erweiterung der Kapazitäten des ägyptischen Stromnetzes von 46,5 Gigawatt in der Zeit von 2013 bis 2027 vor. Jährlich sind das rund 3,5 Gigawatt. Dem privaten Sektor wird dabei eine wichtige Rolle zufallen. Die ägyptische Regierung will auch ausländische Investoren zu einem größeren Engagement im Erneuerbare-Energien-Sektor ermutigen.
Firmen, die Interesse haben, in den ägyptischen Markt oder andere Länder der Mena-Region zu investieren, können von den Angeboten der Exportinitiative Erneuerbare Energien profitieren. Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderte Initiative unterstützt deutsche Unternehmen bei der Auslandsmarkterschließung. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) wurde auch das Exporthandbuch Erneuerbare Energien MENA herausgegeben, das detailliert auf die Marktsituation in Ägypten, Algerien, Iran, Jordanien, Jemen, Libyen, Marokko, Syrien, Tunesien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeht.
Claudia Vogel