Keine Angst vor dem Finanzamt
Photovoltaikanlagen richtig versteuern, Teil 1: rechtliche Grundlagen. Allein im Jahr 2009 investierten fast 140.000 Hausbesitzer in ihr eigenes solares Kleinkraftwerk. Kaum einer weiß vorab, auf welches steuerrechtliche Abenteuer er sich dabei einlässt. Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stiften immer neue Verwirrung. Selbst Verbände und Fachleute verbreiten widersprüchliche Empfehlungen. Was stimmt und wie sollten sich private Solarstromeinspeiser verhalten? Thomas Seltmann klärt auf und gibt Praxistipps in dieser und der nächsten Ausgabe der SONNENENERGIE.
Der dringende Informationsbedarf der Betreiber ist auch für die Steuerverwaltung längst kein Randphänomen mehr: Geht der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) doch davon aus, dass von den über 540.000 netzgekoppelten Photovoltaikanlagen in Deutschland rund die Hälfte auf Ein- und Zweifamilienhäusern und überwiegend von Privatpersonen betrieben werden. Diese Betreiber sind in der Regel nicht selbständig oder freiberuflich tätig und werden erst durch ihre PV-Anlage steuerlich zu Unternehmern – sind sich dessen aber zunächst oft gar nicht bewusst.
Jeder der gemäß EEG Strom ins Netz einspeist und im Lauf der „amtlichen“ Nutzungsdauer einen Überschuss erzielt, muss dies dem Finanzamt mitteilen und seine individuelle steuerliche Situation klären. Tut er das nicht und das Finanzamt erfährt später davon, sieht er sich mit dem Vorwurf der Steuerverkürzung oder sogar Steuerhinterziehung konfrontiert, was als Ordnungswidrigkeit oder Straftat verfolgt werden kann.
Das gleiche Problem betrifft übrigens auch Anleger, die sich an PV-Gemeinschaftsanlagen beteiligen, wenn es sich nicht um eine einfache Kapitalanlage handelt, sondern um den Kauf einer realen, individuell zugewiesenen Teil-Anlage. Auch in diesem Fall wird der Käufer mit seiner PV-Anlage steuerlich gesehen zum Unternehmer.
Aufgrund vieler noch offener Fragen und sich immer wieder ändernder Regelungen, vor allem im EEG, rechnen Mitarbeiter der Steuerbehörden mit einer Welle weiterer Streitfälle und Klagen, beispielsweise um die Anerkennung von Kosten für die Anbringung von Photovoltaikanlagen auf und in Dächern und Fassaden.
Gerade die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene letzte Novelle des EEG hat für manchen privaten Anlagenbetreiber „alle Klarheiten beseitigt“. Die neu geschaffene Vergütungsmöglichkeit für den direkten Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom aus Dachanlagen bis 30 kWp Spitzenleistung (ab 1. Juli 2010 bis 500 kWp) verkompliziert die steuerliche Betrachtung erheblich.
Die damit zusammenhängenden Fragen werden den meisten Betreibern erst Anfang nächstes Jahr bei der Steuererklärung für 2010 auffallen. Grund dafür ist, dass die meisten Anlagenbetreiber nach dem Prinzip der „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“ Buch führen und so Zahlungen zum Zeitpunkt des tatsächlichen Geld-Eingangs oder -Ausgangs in die Steuererklärung übernommen werden. Monatliche Abschlagszahlungen sind dabei nur Vorschüsse auf die eigentliche End-Abrechnung zu Beginn des Folgejahres.
Doch für eine korrekte Steuererklärung im nächsten Jahr müssen auch die schon Anfang dieses Jahres erfolgten Abrechnungen für 2009 korrekt sein. Die Netzbetreiber haben dabei noch keine einheitliche Vorgehensweise gefunden. Susanne Jung, Mitarbeiterin des Solarenergie-Förderverein Deutschland in Aachen, liegen von Betreibern Abrechnungen der Netzbetreiber vor, die drei unterschiedliche Varianten zeigen. Korrekte Rechnungen, die den Vorgaben der Finanzverwaltung entsprechen, sind jedoch gerade bei der Umsatzsteuer unerlässlich.
Ein wenig steuerrechtliches Grundwissen sollte deshalb jeder Anlagenbetreiber haben. Also der Reihe nach:
Werde ich Unternehmer?
Jeder Solarstromerzeuger, der eine Vergütung nach EEG erhält, ist aus Sicht des Finanzamts Gewerbetreibender. Das gilt bei netzgekoppelten Anlagen selbst dann, wenn der Strom vollständig selbst verbraucht wird, weil für Anlagen ab Baujahr 2009 im EEG auch dafür eine Vergütung festgeschrieben wurde.
Aufgrund der Unternehmereigenschaft kann sich der Anlagenbetreiber die beim Kauf der Anlage bezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt wieder zurückerstatten lassen. Das ist immerhin ein Sechstel der Investitionssumme und gilt unabhängig davon, ob die Anlage insgesamt einen Gewinn oder Verlust erzielt. Er muss dazu lediglich auf die „Kleinunternehmerregelung“ verzichten und sich zur Abgabe von zunächst monatlichen Voranmeldungen und jährlichen Erklärungen zur Umsatzsteuer verpflichten.
Eine Gewerbeanmeldung beim örtlichen Ordnungsamt ist dennoch in den meisten Fällen nicht notwendig – selbst wenn Finanzbeamte aus Gewohnheit darauf hartnäckig bestehen und manche Internetseiten von Fachhändlern oder der Solarszene dies so behaupten. Steuerrecht und Ordnungsrecht sind zwei getrennte Rechtsbereiche, die nicht miteinander verknüpft sind. Die steuerliche Relevanz einer Sache hat also mit der ordnungsrechtlichen Einordnung nicht unbedingt etwas zu tun. Man kann steuerlich Unternehmer sein, ohne ein Gewerbe anmelden zu müssen.
Bei Photovoltaikanlagen bis 3 Kilowatt (kWp) Größe auf Privatgebäuden schloss der Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht im Jahr 2002 eine Anmeldung sogar prinzipiell aus. Darüber hinaus entscheidet das Ordnungsamt zwar nach eigenem Ermessen, der Hinweis, dass die im privaten Rahmen betriebene Anlage „nicht dem üblichen Bild eines Gewerbebetriebs“ entspricht, sollte aber genügen, um ordnungsrechtlich als „Bagatelle“ eingestuft zu werden. Sicherheitshalber empfiehlt sich eine formlose Anfrage.
Muss ich die Vergütung versteuern?
Die Einspeisevergütung nach EEG erhält der Anlagenbetreiber über einen Zeitraum von zwanzig Kalenderjahren sowie im Inbetriebnahmejahr (siehe Tabelle der Vergütungssätze). Im steuerlichen Sinn gewinnbringend ist die Anlage, wenn in diesem Zeitraum die Summe der Einnahmen größer ist als die Summe der Kosten. Als Kosten zählt hier nicht nur der Anschaffungspreis, der in Form von Abschreibungen über zwanzig Jahre aufgeteilt werden muss, sondern auch Betriebskosten wie Versicherungen, Zählergebühren, Kreditzinsen, Reparaturen und Austausch defekter Anlagenteile.
Diese Berechnung von „Einnahmen abzüglich Kosten ergibt Überschuss“ (sogenannte „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“ EÜR) erfolgt jährlich und muss in einer gesonderten Gewerbesteuererklärung zur Einkommensteuererklärung angeben werden. Gewinne müssen versteuert werden, mit dem persönlichen Einkommensteuersatz, der auch von der Höhe der sonstigen Einkünfte abhängt. Umgekehrt senken Verluste die persönliche Steuerschuld, allerdings nur dann, wenn die Anlage innerhalb von zwanzig Jahren insgesamt wenigstens kostendeckend arbeitet.
Einspeisen oder selbst verbrauchen?
Für Anlagen, die ab 2009 und bis Ende 2011 ans Netz gehen, erhalten die Betreiber auch dann eine EEG-Vergütung wenn sie den selbst produzierten Solarstrom nicht ins öffentliche Stromnetz einspeisen, sondern ganz oder teilweise direkt verbrauchen. Im Gesetz ist dafür ein spezieller Vergütungssatz festgelegt, der mit der letzten Änderung zum 1. Juli 2010 nochmals differenziert wurde: Wer mehr als 30 Prozent des Solarstroms selbst verbraucht, erhält für den über dieser Grenze liegenden Anteil einen etwas höheren Vergütungssatz.
Lukrativ ist der Direktverbrauch dann, wenn der Bezugspreis (ohne Umsatzsteuer) für Strom vom Versorger gleich oder größer ist als die Differenz der EEG-Vergütungssätze für Einspeisung und Direktverbrauch (siehe Zeile „Differenz“ in der Tabelle „Vergütungssätze“). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vergütungssätze für den EEG-Vergütungszeitraum fest sind, der Bezugspreis jedoch absehbar weiter steigen wird – in den letzten Jahren um rund vier Prozent pro Jahr. Für den Betreiber wirkt das wie ein teilweiser Inflationsausgleich. Schon bei nur zwei Prozent jährlicher Preissteigerung summiert sich der Vorteil im Lauf von zwanzig Jahren auf rund tausend Euro, wenn jährlich tausend Kilowattstunden selbst verbraucht werden.
Dem gegenüber stehen Mehrkosten für einen zusätzlichen Erzeugungszähler (der inzwischen nicht mehr zwangsläufig auf einem zentralen, teueren Zählerplatz untergebracht werden muss) und je nach Netzbetreiber eine geringfügig höhere Zählergebühr für den Bezugszähler, der gegen einen (nicht saldierenden) Zweirichtungszähler ausgetauscht wird. Selbst ein nachträglicher Umbau dürfte kaum mehr als Einhundert Euro kosten, wenn ein freier Zählerplatz vorhanden ist und der zusätzliche Zähler beim Netzbetreiber gemietet wird.
Ebenso wie die Einspeisevergütung gilt der Vergütungssatz für den Eigenverbrauch baujahrbezogen für die jeweilige Anlage fest über deren gesamte EEG-Vergütungsdauer. Der Betreiber kann während dessen jederzeit zwischen Volleinspeisung und Eigenverbrauch wechseln. Auch das gilt nur für Anlagen, die ab 2009 und bis Ende 2011 errichtet wurden.
Steuerliche Behandlung des Eigenverbrauchs
Die steuerliche Behandlung wird dabei allerdings komplizierter. Obwohl der Direktverbrauch schon für im Jahr 2009 installierte Anlagen möglich ist, haben die Netzbetreiber noch keine einheitliche Vorgehensweise gefunden. Einfach und für das Finanzamt nachvollziehbar wäre der Vorschlag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), den dieser in einem Merkblatt erklärt, das auf einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) basiert (siehe Tipps in Teil 2). Beim Direktverbrauch entnimmt der Anlagenbetreiber als Unternehmer selbst produzierte Güter zum privaten Gebraucht. Deshalb muss diese Privatentnahme versteuert werden, sowohl umsatzsteuerlich als auch ertragssteuerlich 1). Den BMF-Vorgaben für die Umsatzsteuer folgend, könnte auch dafür pauschal die Differenz zwischen der Vergütung für Voll-Einspeisung und der Vergütung für Direktverbrauch angesetzt werden. Für Neu-Anlagen des Jahres 2009 wären das 43,01 Cent minus 25,01 Cent, also 18 Cent 2). Für im ersten Halbjahr 2010 errichtete Anlagen macht die Differenz noch 16,38 Cent aus.
Wird der selbst verbrauchte Solarstrom in einem Privathaushalt genutzt, zahlt der Betreiber für den selbst verbrauchten Solarstrom unter dem Strich 18 Cent 2) pro Kilowattstunde plus 19 Prozent Umsatzsteuer – also 21,42 Eurocent (für 2009 errichtete Anlagen). „Plus Umsatzsteuer“ deshalb, weil beim privaten Verbrauch der im eigenen „Unternehmen Solarstromanlage“ erzeugten Energie der Betreiber die bei der Investition vom Finanzamt zurück erstattete Vorsteuer 3) anteilig wieder bezahlen muss. Die Umsatzsteuer ist nämlich eine Endverbrauchssteuer.
Wird der Solarstrom nicht im Privathaushalt, sondern in einem umsatzsteuerpflichtigen Gewerbebetrieb verbraucht, ist dieser wiederum vorsteuerabzugsberechtigt und zahlt netto nur 18 Cent 2) für den Solarstrom. Folglich lohnt sich der Eigenverbrauch in Gewerbebetrieben und Privathaushalten gleichermaßen ab Strombezugspreisen von 18 Cent 2) netto zuzüglich Umsatzsteuer – das sind 21,42 Cent brutto.
Abschreibung
Wichtigster Kostenposten und deshalb bestimmend für das Jahresergebnis ist bei Photovoltaikanlagen die jährliche Abschreibung. Bei Investitionsgütern erlaubt die Finanzverwaltung nicht, die Kosten vollständig im Jahr der Ausgaben anzusetzen. Stattdessen wird die Investitionssumme über die sogenannte „betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer“ verteilt. Wie viele Jahre das mindestens sind, ist in der amtlichen AfA-Tabelle („Absetzung für Abnutzung“) festgelegt: 20 Jahre bei Photovoltaikanlagen, im Gegensatz zu 10 Jahren bei Solar(wärme)anlagen.
Bei der linearen Abschreibung wird die Summe gleichmäßig verteilt, also in diesem Fall durch zwanzig geteilt, was eine Abschreibung von jährlich 5 Prozent der Summe ergibt. Bei der degressiven Abschreibung errechnet sich der Abschreibungsbetrag jedes Jahr neu, prozentual bezogen auf den Restwert des Vorjahres (vor 2008 maximal 10 Prozent, nach 2008 maximal 12,5 Prozent). Damit die Anlage nach zwanzig Jahren vollständig abgeschrieben ist, wird innerhalb dieses Zeitraums auf lineare Abschreibung (des Restwertes über die Restlaufzeit) gewechselt.
Erst Anfang Juli hatte das Bundesfinanzministerium angekündigt, dass dabei künftig auch keine Unterschiede mehr zwischen aufgeständerten und dachintegrierten Anlagen gemacht werden. Letztere galten zuvor nicht als bewegliche Anlagen, sondern als Gebäudebestandteil, was längere Abschreibungsdauern und ein Verbot der degressiven Abschreibung zur Folge hatte. Die degressive Abschreibung hat den Vorteil, in den Anfangsjahren höhere Verluste bzw. geringere Gewinne zu ermöglichen und so Steuerlast in spätere Jahre zu verschieben. Solarstromanlagen, die 2008 (voraussichtlich auch ab 2011) errichtet wurden, dürfen nur linear abgeschrieben werden.
Unter bestimmten Bedingungen kann auch eine Sonderabschreibung von bis zu 20 Prozent der Investitionssumme innerhalb der ersten fünf Betriebsjahre sowie der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht werden – eine Art weiterer Sonderabschreibung von bis zu 40 Prozent.
Von der Theorie zur Praxis
Raucht der Kopf von so viel trockener Steuermaterie? Keine Angst, im zweiten Teil dieses Beitrages zeigen wir anhand konkreter Zahlen und Beispiele, wie sich das einfacher als es scheint in der Praxis umsetzen lässt.
Fußnoten
- Ertragssteuern sind bei Privatpersonen die Lohn-, Einkommens- und Kapitalertragssteuer. Tatsächliche Überschüsse aus dem Betrieb einer Solarstromanlage müssen im Rahmen der Jahressteuererklärung beim Finanzamt angegeben und dafür Einkommensteuer aus selbständiger Tätigkeit bezahlt werden, wenn die entsprechenden Freibeträge überschritten sind. Gewerbesteuer fällt erst über einem jährlichen gewerblichen Gewinn von über 24.500 Euro an, was erst bei sehr großen Anlagen der Fall ist.
- Wir verwenden diesen Betrag hier als durchgehendes Beispiel.
- Vorsteuer ist hier die beim Kauf der PV-Anlage in der Rechnung des Installateurs enthaltene Umsatzsteuer, die der Betreiber vom Finanzamt zurück erstattet bekommt. Voraussetzung dafür ist, dass er sich der Umsatzbesteuerung unterwirft („optiert“) und auf die Wahlmöglichkeit der Kleinunternehmerregelung verzichtet.
Hinweise:Dieser Beitrag betrifft vor allem netzgekoppelte Solarstromanlagen bis etwa 30 kWp Spitzenleistung, die von Privatpersonen betrieben werden, die sonst nicht selbständig gewerblich oder freiberuflich tätig sind.
Der Artikel gibt einen journalistischen Überblick über wesentliche Zusammenhänge und Fragestellungen. Die Informationen sind sorgfältig recherchiert, können und sollen aber eine individuelle Steuer- und Rechtsberatung nicht ersetzen. Eine Haftung von Autor und Verlag muss deshalb ausgeschlossen werden. Verbindliche Auskünfte erteilen Finanzämter, Steuerberater und Rechtsanwälte.
Teil 1 (in dieser Ausgabe) erläutert vor allem die rechtlichen Grundlagen, in Teil 2 (in der kommenden Ausgabe) folgen Praxistipps, Checklisten und Beispielrechnungen sowie Literaturhinweise und Internetlinks.
„Photovoltaikanlage ist kein Sparbuch“: Thomas Seltmann im Interview
Herr Seltmann, Sie haben sich als Journalist schon in den 1990er Jahren als einer der ersten detailliert mit den steuerlichen Fragen bei Photovoltaikanlagen beschäftigt. Was hat sich seitdem geändert?
Die wichtigste Änderung war natürlich die Einführung des EEG, was dazu führte, dass alle Anlagenbetreiber – übrigens auch die von Altanlagen – steuerlich betrachtet Unternehmer wurden und in der Regel Überschüsse erwirtschaften, die zu versteuern sind. Vor allem gibt es heute eine viel breite Kompetenz bei den Fachbehörden und Steuerberatern und viel mehr Detailfragen auch aufgrund der Erweiterungen des EEG. Die Einführung des Direktverbrauchs von Solarstrom hat beispielsweise die steuerliche Betrachtung besonders verkompliziert. Das werden viele erst bei ihrer Steuererklärung im nächsten Jahr feststellen und ich befürchte da einigen Streit zwischen Finanzämtern, Solarstromerzeugern und Netzbetreibern bezüglich der Abrechnungen.
Was war der Anlass, sich mit diesem „trockenen“ Thema zu beschäftigen, zu Zeiten als der Betrieb von PV-Anlagen wirtschaftlich noch weitgehend uninteressant war?
Seit 1994 betreibe ich selbst eine Anlage und hatte schon damals viele Kontakte zu Solarinitiativen und anderen Anlagenbetreibern, darunter auch ein Betriebsprüfer beim Finanzamt. Manchmal musste ich mich durch Ministerien hindurchtelefonieren und fand dort hilfsbereite Ansprechpartner. Im bayerischen Finanzministerium beispielsweise gab es schon früh ausführliche Stellungnahmen, wobei ich darin auch mal einen Fehler entdeckte und darauf hinwies. Auch Steuerberater baten mich gelegentlich um Informationen.
Anlagenbetreiber klagen manchmal über Probleme mit dem Finanzamt. Wo hakt es?
Im großen und ganzen sind die Finanzämter heute gut informiert und es gibt recht klare Vorgaben. So wird beispielsweise extra für PV-Anlagenbetreiber eine fast kochrezeptartige Vorlage für die Jahresabrechnung 2009 angeboten („Ausfüllhilfe EÜR 2009“). Oft haben die Sachbearbeiter aber einfach Mühe, sich in die manchmal unüblichen Sachverhalte bei Solarstromanlagen einzudenken.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Eine merkwürdigerweise immer wiederkehrende Frage ist die, ob ich ein Gewerbe anmelden muss, wenn ich als Privatmann auf meinem Privathaus eine Photovoltaikanlage installiere: in aller Regel nein. Obwohl diese rechtlich und praktisch mit der steuerrechtlichen Behandlung gar nichts zu tun hat, fordern trotzdem Finanzbeamte oftmals vehement die Vorlage dieser Gewerbeanmeldung. Sie machen das wohl einfach auch Gewohnheit, weil üblicherweise die Gewerbetreibenden über die Anmeldung beim Ordnungsamt zum Finanzamt geleitet werden. Neuerdings wird manchmal auch die Vorlage eines Einspeisevertrags mit dem Netzbetreiber gefordert, obwohl dieser laut EEG ausdrücklich nicht notwendig ist.
Was empfehlen Sie den Betreibern?
Erst mal gelassen bleiben, den Sachbearbeiter freundlich ansprechen und evtl. fehlende Informationen geben. Photovoltaik ist für die schließlich ein Sonderthema unter einer endlosen Flut von Regelungen und Vorschriften. Im Gespräch lassen sich die meisten Konflikte lösen. Deshalb finde ich es so wichtig, dass wenigstens die Anlagenbetreiber die wichtigsten steuerlichen Informationen haben. Wer aber unsicher ist und das Finanzamt auf einer falschen oder ungünstigen Regelung beharrt, sollte einen Steuerberater oder Rechtsanwalt hinzuziehen, am besten einen mit Kenntnis in Sachen Photovoltaik.
Sie sagen, dass viele Betreiber vor der Inbetriebnahme ihrer Anlage nicht wissen, auf welches steuerrechtliche Abenteuer sie sich damit einlassen. Fürchten Sie nicht, dass Sie damit potenzielle Käufer verunsichern?
Der Standardfall – Privatmann betreibt Anlage auf seinem Haus – ist ja gar nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick scheint, und lässt sich meist auch ohne Steuerberater bewältigen. Ich meine aber, dass die Händler und Hersteller offensiver mit diesem Thema umgehen sollten und eine besondere Verantwortung und Informationspflicht ihren Kunden gegenüber haben, die ja nicht einfach ein Konsumgut kaufen wie eine Waschmaschine oder ein Auto, sondern unternehmerisch tätig werden. Aber auch der Gesetzgeber muss bei der EEG-Vergütungshöhe berücksichtigen, dass eine Photovoltaikanlage eben kein festverzinsliches Sparbuch ist, sondern eine unternehmerische Tätigkeit – was dem Steuer eintreibenden Fiskus ja durchaus recht ist.
Das Interview führte Matthias Hüttmann
Thomas Seltmann