Wärme zu verkaufen
Seit September fördert das BAFA auch Ökowärme aus Contracting-Anlagen: Am Anfang stehen die Kosten. Erst nach und nach kommt die Ersparnis. Mehr oder weniger, früher oder später. Die Ungewissheit, ob und wann sich die Investition rechnet ist ein Grund, warum sich viele Kunden letztlich doch gegen eine Solarwärmeanlage entscheiden. Contracting könnte hier helfen: Anstatt in eine eigene Solarthermieanlage zu investieren, bezahlt der Kunde einfach das, was er haben will – die Wärme. Die Kosten verteilen sich über die Nutzungsdauer und sind berechenbar. Hat Contracting das Zeug dazu, den Durchbruch zu bringen?
Mein Haus – meine Heizung?
Die meisten Solarthermieanlagen werden bisher an Häuslebauer verkauft, im Jahr 2012 waren es laut BDH-Statistik 95%. Ausgerechnet dieses Marktsegment ist für Contracting-Anbieter das schwierigste. Die Anlagen sind klein – umso größer fällt also im Verhältnis der Aufwand für Verkauf und Kundenservice aus. Hinzu kommt, dass die Formulierungen in den Contracting-Verträgen nicht gerade geeignet sind, skeptischen Kunden Vertrauen einzuflößen. Sie schreiben ein Zugangsrecht des Contracting-Anbieters zu seiner Anlage fest, die im Haus des Kunden steht. Sie besagen, dass die Heizungsanlage auch nach Ende der Laufzeit noch Eigentum des Contracting-Anbieters ist, obwohl der Kunde im Laufe der Jahre eine Summe bezahlt hat, die deutlich über dem Kaufpreis der Anlage liegt.
Dennoch gibt es mindestens einen Anbieter in Deutschland, dem es gelungen ist, 13.000 Hausbesitzer als Contracting-Kunden zu gewinnen: der Energieversorger EWE aus Oldenburg. Der Clou bei EWE ist das Netz an rund 1.000 Handwerkern – Fachpartner genannt –, die ihren Kunden die Contracting-Verträge als Alternative zur eigenen Heizung anbieten. Der Kunde plant die Heizung mit dem Handwerker wie gewohnt. Anstatt sie zu kaufen, zahlt der Kunde monatlich Grund- und Arbeitspreis an die EWE. Der Grundpreis bildet die Investitions- und Zählerkosten ab, der Arbeitspreis den Gasverbrauch. Eine Solaranlage schlägt sich in diesem Modell also in einem höheren Grundpreis und niedrigerem Arbeitspreis nieder. Nach zehn oder 15 Jahren kann der Kunde die Anlage zum Sachzeitwert übernehmen.
Durch die Zusammenarbeit mit den Fachpartnern, die alle zwei Jahre speziell geschult werden, schlägt EWE drei Fliegen mit einer Klappe: Die Fachpartner bekommen mit, wo eine neue Heizung gebraucht wird. Sie besitzen das Vertrauen des Kunden. Und sie kennen dessen Heizung bereits. Andere Energieversorger versuchen sich an ähnlichen Konzepten, wie zum Beispiel EnBW mit dem Produkt „Heizung-Rundum“. Der Bremer Marktforscher Trend:resaearch widmet dem Thema Contracting bei Privatkunden eine 570 Seiten starke Studie.
Contracting für Privatkunden ist also möglich. Doch ein Anreiz für mehr Sonnenheizungen war es bisher nicht – im Gegenteil. Nur wenige hundert der 13.000 Contracting-Heizungen sind mit Sonnenkollektoren ausgestattet. Zum Vergleich: Im Mittel der letzten zehn Jahre wurden laut BDH-Statistik 1,8 Quadratmeter Sonnenkollektoren pro neuer Heizung installiert, also ungefähr eine Warmwasser-Anlage mit jeder zweiten Heizung. Verzerrungen in der Statistik hin oder her – Solaranlagen sind im EWE-Contractingprogramm bisher seltener als im Schnitt der neuen Heizungen. Das lässt sich leicht damit erklären, dass Contracting mit Erneuerbaren Energien bisher nicht im Marktanreizprogramm gefördert wurde. Wer sich für den bequemen Service entschied, ließ sich den staatlichen Zuschuss entgehen. Das hat sich im September 2012 geändert. Seither kann der Contractor mit einer Erklärung seines Kunden beim BAFA einen Zuschuss für die Solaranlage beantragen. Er erhält dann die selben Zuschüsse, die auch der Kunde selbst erhalten würde, und kann den Preisvorteil weitergeben.
Kein Preisvorteil im Einfamilienhaus
Doch auch mit Zuschüssen macht das Contracting die Solaranlage im Vergleich zum Kauf nicht billiger. Im Gegenteil: Mit dem Contracting kauft der Kunde das fertige Produkt Wärme – einschließlich der Finanzierung und Wartung der Heizung sowie der Garantie, dass alles stets funktioniert. Da auch der Contracting-Anbieter Gewinn machen will, reicht er die Kosten für diese Leistungen an den Kunden weiter.
Contracting ist also für Kunden attraktiv, die viel Wert auf Service legen und die eine hohe Anfangsinvestition vermeiden wollen. Solarwärme ist für Kunden attraktiv, die Wert auf ein Stück Unabhängigkeit von fossilen Energien legen und sich vor steigenden Preise schützen wollen. Sowohl Contracting- als auch Solar-Kunden sind bereit, für diese Wünsche zu bezahlen. Wo sich die Interessen überschneiden, werden Solarthermie und Contracting auch in Kombination für Hausbesitzer interessant werden.
Möglich ist, dass der Wunsch der Solarkunden nach Unabhängigkeit dem Contracting entgegensteht; auch möglich ist, dass das Wegfallen der Anfangsinvestition der Solarwärme einen Vorteil verschafft. Wahrscheinlich ist, dass die Änderung im MAP für die Solaranlagen im Einfamilienhaus zwar einen Vorteil bringt, aber keinen Durchbruch.
Komplettanbieter senken Kosten
Dennoch kann Contracting indirekt dazu beitragen, dass sich Solarthermie besser rechnet. Ein Sparpotenzial ergibt sich dort, wo sich die Kette zwischen Solaranlagenhersteller und Endkunden verkürzt. Wenn der Contractor zugleich Komplettanbieter ist, der auch die Planung und die Installation in der Hand hat, kann er schärfer kalkulieren. Er kann die technischen Bedingungen besser ausreizen und muss nicht für jede Wertschöpfungsstufe noch einen eigenen Puffer einrechnen.
Könnte also womöglich ein Kollektorhersteller als Contractor seine Ware an den Häuslebauer bringen? Könnte er gar den Installationskostenanteil senken, der immerhin die Hälfte der Anlagenkosten ausmacht? Das ist sehr unwahrscheinlich. Denn dafür müsste er direkt an den Endkunden herantreten und den Installateur als Vertriebsstufe überspringen. Selbst wenn diese Ansprache der Kunden gelingt, führt sie vermutlich eher zum Eklat als zum Erfolg, wie die Erfahrung zeigt: Mit dem Versuch, Gasheizungen zum Festpreis inklusive Installation zu verkaufen, handelte sich der Heizungsriese Viessmann 2011 Ärger mit den SHK-Verbänden ein, die auf eigenständige Preisgestaltung der Installateure pochen 1).
Größere Anlagen – größere Chancen
Wenn das Contracting der Solarthermie aus der Amortisationsfalle helfen soll, spricht also einiges dafür, nicht ausgerechnet bei den Einfamilienhäusern anzufangen. Besser sieht es bei Industrie, Gewerbe und im Geschosswohnungsbau aus – ohnehin das klassische Kundenklientel für Contracting. Große Solaranlagen liefern die Wärme zum niedrigeren Preis als die kleinen, obendrein ist auch noch die Förderung höher. So gibt es für Warmwasser-Anlagen auf bestehenden Mehrfamilienhäusern noch immer einen Zuschuss von 90 Euro/m2 (EFH: 0 Euro), für Anlagen mit Heizungsunterstützung sogar 180 Euro/m2 (EFH: 90 Euro). Für Prozesswärme-Anlagen mit 20 bis 1.000 m2 Kollektorfläche schießt der Staat sogar bis zu 50% der Nettoinvestitionskosten zu.
Ob Hotelgewerbe, Autowaschanlagen oder Campingplätze – wenn ein paar Eckdaten stimmen und sich jemand die Mühe einer präzisen Planung macht, haben Solarthermieanlagen das Zeug zu einer guten Geldanlage. Allein: Es mangelt an solarbegeisterten Contractoren, die gezielt nach Projekten suchen, in denen sie mit einer Solaranlage den Preis des konkurrierenden Wärmeerzeugers unterbieten können. Dass das geht zeigt das junge Unternehmen Enertracting aus Kassel, eine Schwesterfirma der FSAVE GmbH, die ihrerseits eine Ausgründung von Kasseler Solarforschern ist. Das erste Projekt der Solarcontractoren: eine Gasdruckregelanlage der Eon Mitte. Die Kollektorfläche: 355 m2. Der Wärmepreis inklusive Speicher: „Weniger als 5 Cent netto“, sagt Geschäftsführer Roland Heinzen. Der Trick: niedrige Temperaturen (20 bis 40°C), ein hoher Wärmebedarf auch im Sommer und ein übers Jahr mäßiger Deckungsanteil (unter 20%) führen zu hohen Erträgen (530 kWh/[m2.a]). Mit einer Freilandaufständerung, einem Speicher aus quasi-eigenem Haus und ein präzisen Kalkulation wird daraus einen Wärmepreis, mit dem man einen Energieversorger an seiner eigenen Gasleitung unterbieten kann. Als nächstes hat Enertracting einige Mehrfamilienhäuser auf dem Programm. „Um die sechs bis sieben Cent“ beziffert Heinzen den typischen Wärmepreis für dies Anwendung.
Den Preis könnte grundsätzlich auch ein Komplettanbieter erreichen, der die Anlage schlüsselfertig verkauft. Der Bonus des Contracting ist, dass der Kunde finanziell flüssig bleibt und dass der Contractor die Risiken der für den Kunden ungewohnten Technologie trägt. Damit ist Contracting durchaus in der Lage, die größten Hürden aus dem Weg zu räumen, der zu mehr solarthermischen Großanlagen führt. Leicht und eben wird der Weg davon aber nicht – und vor allem müssen sich noch mehr Contractoren finden, die ihn gehen wollen.
Fußnote
1) siehe SONNENENERGIE 6/2011: Fossile Heizungen – Wie lange noch?
Eva Augsten