Solarwärme: Wann beginnt die Zukunft?
Die Solarthermie ist eine ausgereifte, zuverlässige und zukunftsorientierte Wärmetechnik, die bei den Verbrauchern großes Interesse hervorruft und auf breite Akzeptanz stößt. Dennoch gestaltet sich der Absatz in Deutschland noch immer schleppend.
Solarthermie wird heute in rund zwei Millionen Anlagen in Deutschland erfolgreich genutzt. Sie weist hohe Umwandlungsraten von Sonnenenergie in Wärme vor, die im Kollektor 70 Prozent übersteigen. Die Verknüpfung mit Pufferspeichern ist seit Jahren im Markt etabliert, je nach Größe der Anlage steht die günstige Wärme Tage bis Wochen über die reinen Sonnenstunden hinaus zur Verfügung. Und das gerade dann, wenn die konventionelle Heiztechnik am unwirtschaftlichsten ist, nämlich im Sommer und in den Übergangsmonaten.
Solarthermie erhöht die Unabhängigkeit von steigenden Energiepreisen in dem Bereich, der in Gebäuden am meisten ausmacht – bei der Wärmeversorgung, die 80 bis 90 Prozent des Energieverbrauchs eines Haushalts einnimmt. Rund 40 Prozent des gesamten Endenergiebedarfs in Deutschland werden für die Wärmeversorgung von Gebäuden benötigt, der größte Bereich sind Wohngebäude mit Heiz- und Warmwasserbedarf. Und noch immer stehen in vier von fünf deutschen Heizungskellern veraltete Anlagen, die mit Öl oder Gas befeuert werden und hohe Emissionen und Kosten verursachen.
Hinzu kommen sonnenverliebte Deutsche, die in jeder Umfrage mit überwältigender Mehrheit ihre Sympathie für die Solartechnologie bekunden. Diese Zuneigung reißt auch unter Nutzern und Besitzern von Solarthermieanlagen nicht ab: Schon 2011 bekundeten in einer Umfrage der Firma Technomar 90 Prozent der Befragten ihre Zufriedenheit mit der Investition auf dem Dach. Davon profitieren vor allem Nachbarn und Freunde, denn wiederum 90 Prozent der Nutzer empfehlen die Solarthermie im eigenen Umfeld weiter.
Und das Potenzial im etablierten Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser ist noch längst nicht erschöpft, die Solarisierungsquote ist deutlich steigerbar. Eine umfassende Analyse des Dachflächenpotenzials im Wohngebäudebestand offenbart, dass sowohl die Solarthermie als auch die Photovoltaik noch viel Luft zum Atmen haben. Für die Solarthermie ist die Anzahl der geeigneten Dächer mit einer bestimmten Mindestgröße relevant, weniger die kumulierten Quadratmeter wie für die Photovoltaik. Gut die Hälfte aller Wohngebäude scheint für Solarthermie erschließbar. Hinzu kommen jene Dächer, auf denen die Photovoltaik gemeinsam mit Solarthermie installiert werden könnte.Sämtliche Fakten sprechen also für das enorme Zukunftspotenzial der Solarthermie. Entsprechend hoch sollte die Nachfrage nach Solarheizungen ausfallen, entsprechend gut sollte sich der Markt entwickelt haben. Doch der Inlandsmarkt ist seit 2011 jedes Jahr geschrumpft. Im vergangenen Jahr wurden elf Prozent weniger Kollektoren abgesetzt als 2012, im ersten Quartal 2014 beurteilt nur jedes fünfte Unternehmen die Geschäftslage positiv (Geschäftsklimaindex Solarthermie des BSW-Solar). Grund zur Hoffnung gibt allein die Zahl der Kollektorinstallationen in den ersten drei Monaten 2014: Sie stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9 Prozent, war danach aber wieder rückläufig.
Die im Jahr 2012 vom Bundesverband Solarwirtschaft veröffentlichte Studie „Fahrplan Solarwärme“ skizzierte mögliche Entwicklungen des Solarwärmemarktes und der Solarthermiebranche bis 2030. Nach der in der Studie beschriebenen „Mission Solarwärme für Deutschland“ sollte die Solarwärme bis 2030 bei der überwiegenden Zahl der dafür geeigneten Wohngebäude zur Grundausstattung in der Wärmeversorgung werden und einen substanziellen Beitrag im Bereich der industriellen Prozesswärme leisten. Die Solarthermiebranche sollte eine führende Position im Weltmarkt erreichen und für wachsende Exportanteile, Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland sorgen.
Grundlage der „Mission Solarwärme für Deutschland“ war die Erwartung, dass sich der Markt gemäß dem Ausbauszenario „Forcierte Expansion“ entwickeln würde und alle im Rahmen des Fahrplans gesteckten Ziele und Maßnahmen realisiert würden. Schon heute zeigt sich jedoch, dass sich die Entwicklung in Deutschland lediglich im Bereich des „Business as usual“-Szenarios bewegt. Die Gründe für die langsame Marktentwicklung sind vielschichtig – und nicht nur aufseiten der Politik zu suchen.
Der „Fahrplan Solarwärme“ stellte im Jahr 2012 fest, dass beim Vertrieb und bei Forschung und Entwicklung Nachholbedarf bestehe. Damals hieß es: „Hier muss investiert werden, denn die vorhandenen Systemlösungen überzeugen die potenzielle Kundschaft und das Handwerk noch nicht restlos. Die Anlagenkosten müssen für die Endkunden weiter gesenkt und die Wirtschaftlichkeit damit gesteigert werden.“ Die schleppende Marktentwicklung der letzten Jahre bringt es mit sich, dass die Forderung nach sinkenden Anlagenkosten auch heute noch aktuell ist. Die Preise für Solarkollektoren sind weitgehend konstant geblieben. Auch in der Beschleunigung von Installation und Montage – durch vorkonfigurierte oder auch standardisierte Baugruppen – steckt noch Potenzial, die Attraktivität von Solarwärmeanlagen weiter zu erhöhen.
Die Diskussion über die Energiewende in Deutschland wird auf allen Ebenen vom Teilbereich Strom beherrscht, sowohl politisch als auch medial. Der Wärmemarkt und die Solarthermie werden dabei nur selten thematisiert, außerdem färben negative Berichte über die Photovoltaik mitunter auch auf die Solarthermie ab. Die wiederholten Auseinandersetzungen über das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) und die ständigen Förderkürzungen bei der Solarstromerzeugung führen auch bei Verbrauchern auf dem Solarthermiemarkt zu Verunsicherungen.
Dabei wird die Solarthermie von den Regelungen des EEG in keinster Weise berührt. Es droht weder eine Sonnensteuer noch eine Kürzung der Förderung. Sowohl das „Marktanreizprogramm zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als auch die Programme der KfW-Bank können weiterhin in Anspruch genommen werden, teilweise sogar kombiniert.
Dass wir noch nicht auf dem richtigen Weg sind, um die oben genannten Ziele der „Mission Solarwärme für Deutschland“ erreichen zu können, liegt auch an fehlenden Impulsen aus der Politik. Das Ausbauszenario „Forcierte Expansion“, das der „Mission Solarwärme“ zugrunde liegt, setzte unter anderem ein Steuerabschreibungsmodell oder das Modell einer Wärmeprämie voraus.
Einen Gesetzentwurf für ein Steuerabschreibungsmodell hatte die Bundesregierung im Sommer 2011 selbst vorgelegt, es war Teil des 6-Punkte-Programms zur beschleunigten Energiewende der damaligen Minister Brüderle und Rösler. Gefördert werden sollte die umfassende energetische Sanierung von Gebäuden, die vor 1995 gebaut wurden. Das vom Bundesverband Erneuerbare Energie entwickelte Modell der Wärmeprämie sah vor, die Importeure fossiler Energieträger über die Zahlung einer Prämie pro verkaufter Einheit Öl und Gas an der Energiewende zu beteiligen – ohne Steuermittel oder öffentliche Haushalte zu belasten.
Wie wir wissen, wurden jedoch weder das Steuerabschreibungsmodell noch die Wärmeprämie in die Realität umgesetzt. Wir beschreiten daher nicht den im „Fahrplan Solarwärme“ gezeichneten Weg der „Forcierten Expansion“, sondern sehen einen weitestgehend stagnierenden Markt – leider genau so, wie im Szenario „Business as usual“ beschrieben. In der angelaufenen Legislatur geht es nun darum, der Energiewende im Wärmemarkt zum Durchbruch zu verhelfen und entsprechende Voraussetzungen für die Belebung des Solarthermiemarktes zu schaffen.
Der neue Film „Heizen mit der Sonne“ des BSW-Solar zeigt die praktische Anwendung der Solarthermie in Alt- und Neubau, siehe "Links" unten.
Jörg Mayer