Grüne Zertifikate für grünen Strom
Die Förderung von Erneuerbaren Energien in Rumänien: Rumänien befindet sich im geografischen Grenzraum zwischen Mittel- und Südeuropa, wo ca. 21,5 Mio. Menschen leben. Die Energieversorgung des Landes erfolgt hauptsächlich durch Erdgas, Erdöl, Kohle und Wasserkraft. Mit den eigenen Energieressourcen deckt Rumänien ca. 2/3 seines Primärenergiebedarfs ab.
Das einzige Kernkraftwerk in Cernavoda produziert 17% des gesamten Strombedarfs des Landes. Ein Hauptziel der rumänischen Energiepolitik ist der Umstieg auf Erdgas von bestehenden Kohlenkraftwerken und die Anwendung von effizienter Kraft-Wärme-Kopplung. Rumänien hat ein großes Wind- und Sonnen-Potential, ist somit ein durchaus attraktiver Markt für die Anwendung von Erneuerbaren Energien. Für die Nutzung von Solarenergie eignen sich insbesondere der komplette Südteil des Landes und die Dobrudscha als Gebiete mit hohem Nutzungspotential (> 1.300 kWh/[m².Jahr]).
Ein hohes Windenergiepotenzial befindet sich in den Gebieten der Schwarzmeerküste, der Hochebenen von Moldau und Dobrudscha sowie im Gebirgsland. Laut eines Berichtes der österreichischen „Erste Bank Gruppe“ hat Rumänien das höchste Potenzial an Windenergie im Südosten Europas. Zurzeit erlebt dieser Bereich einen unvergleichbaren Aufschwung. Neben den hohen möglichen Renditen ist kaum vorhandene Konkurrenz ein entscheidender Grund für hohe Investitionen ausländischer Unternehmen. Das Land verfügt aber auch über ein großes Potential bei der Energieeffizienzsteigerung.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Rumänien hat bereits in der nationalen Gesetzgebung juristische Schritte zur Forcierung der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien eingebunden. Hauptziele sind die Erhöhung des Anteils von Strom aus Erneuerbarer Energie, um damit ein hohes Maß an Unabhängigkeit von den internationalen Märkten für fossile Energieträger zu erreichen. Ziel ist es, dass die Erneuerbaren bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 38% am nationalen Brutto-Stromverbrauch erreichen. Momentan liegt die Quote bereits bei 26%, was vor allem an der schon immer recht hohen Anzahl Wasserkraftanlagen liegt. Es bleibt trotzdem ein ambitioniertes Ziel, da Rumänien, was die Nutzung von Wind und Sonne angeht, noch ganz am Anfang steht.
Laut den aktuellen gesetzlichen Anforderungen können die Produzenten von Erneuerbarer Energie ihren Strom auf dem regulären Strommarkt zu den aktuellen Marktpreisen anbieten. Zusätzlich, um die Kosten für die Erzeugung der Erneuerbaren Energie zu decken, erhalten die Produzenten für jede in das Stromnetz eingespeiste Megawattstunde an Strom aus erneuerbaren Quellen ein „grünes Zertifikat“, welches separat vom regulären Strommarkt gehandelt werden kann. Für die grünen Zertifikate gelten gesetzlich festgelegte Mindest- und Maximalpreise: Bis 2014 beträgt der Mindestpreis 27 EUR und der Maximalpreis 55 EUR pro grünes Zertifikat. 2009 entsprach der Marktpreis in jedem Monat dem Maximalpreis von 55 EUR.
Das Jahr 2010 wurde ein entscheidendes Wendejahr für die Branche Erneuerbarer Energien in Rumänien bezüglich der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das rumänische Parlament hat mit einem neuen Gesetz zur Förderung von regenerativer Energie die Anreize für große Projekte deutlich erhöht. Das neue Gesetz 139/2010 regelt viele Details des alten Gesetzes 220/2008 neu, das aufgrund diverser Schwierigkeiten bisher ohnehin nie wirklich angewendet worden war.
Zertifikate statt Einspeisegesetz
Während andere Länder die Nutzung erneuerbarer Energiequellen über ein Einspeisegesetz fördern, setzt das rumänische Gesetz auf Anreize der grünen Zertifikate, welches es beispielsweise auch in Polen gibt. Die Regelung sieht vor, dass Besitzer von PV- und Windkraftanlagen pro eingespeister Megawattstunde eine festgelegte Anzahl an grünen Zertifikaten vom Netzbetreiber (z.B. Transelectrica) erhalten. Diese „Wertpapiere“ werden an einer extra eingerichteten Zertifikats-Börse für aktuell 55 Euro gehandelt. Neu ist, dass es bei einigen Energieformen künftig mehr Zertifikate geben wird als nach dem alten Gesetz von 2008. Vor allem wird Solarstrom aufgrund der hohen Investitionskosten ganz besonders gefördert. Im Bereich Photovoltaik gibt es pro eingespeister MWh sechs grüne Zertifikate, so viel wie für keine andere Energiequelle. Mit vier Zertifikaten werden KWK-Anlagen, die Geothermie, Biomasse, biogene Flüssigbrennstoffe, Biogas, Abfallgas oder Klärschlammgas gefördert. Mit drei Zertifikaten ebenfalls stark gefördert wird Strom aus Biomasse und Biogas. Für Windenergie wird es zumindest bis 2017 zwei Zertifikate pro MWh geben. Ab 2018 soll jede Megawattstunde Windstrom nur noch mit einem Zertifikat belohnt werden. Die Dauer der Förderung beträgt im Regelfall 15 Jahre.
Am Beispiel Photovoltaik heißt das: Bringt ein Unternehmen im Jahr 2011 eine eigene PV-Anlage ans Netz, erhält es 15 Jahre lang ca. 0,04 Euro pro kWh plus 6 Zertifikate pro MWh. Mit den Zertifikat-Preisen von 2010 ergeben sich rund 0,37 Euro pro eingespeister kWh.
PV-Boom zu erwarten
Das neue Gesetz 139/2010 gilt zumindest theoretisch ab dem Juli 2010. Allerdings sind die Anwendungsrichtlinien noch nicht komplett ausgearbeitet. Dies ist Aufgabe der Nationalbehörde zur Energieregulierung (ANRE – Agentia Nationala de Reglementare Energetica). Es fehlt noch das Einverständnis der Europäischen Kommission, da das Gesetz als Staatshilfe gilt.
Beobachter rechnen damit, dass Brüssel problemlos Anfang 2011 grünes Licht für das neue Gesetz geben wird. Dank dieses Gesetzes sagen viele Experten dem Land einen Boom an Photovoltaik- und Windenergie-Projekten voraus. Ein erster ausländischer Investor produziert seit kurzem mono- und polykristalline Photovoltaik-Module im Kreis Satu Mare. Eine erste eigene 1-MWp-Anlage steht in Südrumänien vor der Inbetriebnahme. Die zweite MW-Anlage steht vor der Realisierung. Wenn in den letzten Jahren in Rumänien die PV-Anlagen in kW-Tempo gebaut wurden (siehe Tabelle), so befinden sich ab 2010 viele Anlagen aus der MW-Klasse in der Realisierung oder Planungsphase.
Ebenso im kommen: Windkraft
Angekündigte Windparks gibt es bereits sehr viele. Tatsächlich installiert sind Anlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 300 MW. Der tschechische Investor CEZ ist stark engagiert in Rumänien und speist zurzeit in das nationale Netz ca. 250 MW aus Windenergie ein. Langfristig soll die installierte Kapazität von CEZ 600 MW betragen. Relativ neu ist auch die Nachricht über den Einstieg des Öl-Giganten Petrom in das Wind-Geschäft. Das Unternehmen, das zu 51% der österreichischen OMV-Gruppe gehört und bisher auf Öl und Gas fokussiert war, will künftig auch in das Strom-Geschäft einsteigen.
Förderprogramme für die Erneuerbare Energie
Seit dem Beitritt Rumäniens zur EU stehen insgesamt für die Zeitspanne 2007–2013 ca. 31 Mrd. an Fördermitteln zur Verfügung. Diese können Privatunternehmen abrufen, ein Großteil davon sind aber für die rumänischen Behörden bestimmt. Die EU Fördermittel für die Investitionen in der Energiebranche werden für die Sanierung und Modernisierung von alten Energieerzeugungsanlagen wie auch in die Neuerrichtung von Erneuerbarer Energien-Anlagen eingesetzt. Dies betrifft die ganze Palette: Biomasse, weitere Wasserkraft-Ressourcen (bis 10 MW), Sonnenenergie, Windkraft, Biokraftstoffe, geothermische Ressourcen und andere erneuerbare Energiequellen.
Investitionen in Erneuerbare Energien werden in folgenden Bereiche gefördert:
- Umwelt (ausschl. für den öffentlichen Sektor und die NGOs),
- Regionale Entwicklung (auch für den Privatsektor),
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit (auch für den Privatsektor),
- Ländliche Entwicklung (auch für den Privatsektor).
Die EU-Fördermittel werden anhand des Kofinanzierungssystems gewährt. Somit ist von Seiten des Antragsstellers ein gewisser Anteil selbst zu finanzieren.
EU Förderung
Es ist für öffentliche Institutionen, die Wärme und Strom aus den EE-Quellen produzieren möchten möglich, Förderung aus dem EU-Strukturfonds zu erhalten. Die finanzielle Unterstützung liegt bei 98% der Kosten (ohne MwSt). Viele große thermische Solaranlagen (z.B für Krankenhäuser) und große PV-Anlagen (Strom nur für öffentliche Einrichtungen, die nicht über grüne Zertifikate zusätzlich gefördert werden dürfen) befinden sich in unterschiedlichen Phasen der Realisierung. Das Programm wird Anfang 2011 beendet, aber nach informellen Informationen gibt es Bestrebungen, nicht verwendete Fördermittel aus anderen Förderprogrammen in dieses Förderprogramm umzuschichten.
Mithilfe des EU-Programms „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ können rumänische Unternehmen Fördergelder für den Bau und die Modernisierung von Kraftwerken auf Basis Erneuerbarer Energien beantragen. Der zugelassene Finanzierungsanteil ist von der Größe der Unternehmen abhängig. Bis zu 70% förderfähige Kosten sind möglich.
Grünes Haus
Das staatliche Programm „casa verde“ (Grünes Haus) zielt auf die Substitution bestehender, klassischer Heizsysteme durch Systeme mit einem Anteil von Solarenergie, Windkraft oder Geothermie ab. Nach ausführlicher Diskussion ist es seit Mitte diesen Jahres in Kraft getreten. Im Rahmen dieses Programms hat die Regierung 110 Mio. Lei (etwa 25 Mio. Euro) ausgewiesen. Mittels eines einfachen Verfahrens ist es möglich, Zuschüsse für den Einsatz von Erneuerbaren Energien zu erhalten. Für den Erwerb von Pellets- und Sägemehlheizanlagen liegt der Zuschuss bei 3.000 Lei (etwa 750 Euro). Im Falle von Solaranlagen gibt es 6.000 Lei (etwa 1.500 Euro), bei Wärmepumpen sind es 8.000 Lei (rund 2.000 Euro). Viele einfache solare Thermosiphon-Anlagen, die meisten „made in China“, befinden sich schon auf vielen Dächern Rumäniens. Bei einem durchschnittlichen Einkommen von 400 Euro/Monat ist es für viele nur so möglich, sich überhaupt Solartechnik leisten zu können. Ähnlich wie in Deutschland erhält man erst nach Beendigung der Installationsmaßnahmen aufgrund der Rechnung und des Empfangsnachweises die entsprechenden Fördergelder. Diese Förderung wurde bereits tausendfach in Anspruch genommen.
Fazit
Rumänien ist für Investitionen in Erneuerbare Energien grundsätzlich äußerst attraktiv. Mit dem anstehenden Boom im Bereich Erneuerbarer Energien ergeben sich gute Chancen für Maschinen- und Anlagenbauer sowie Hersteller von Solaranlagen. Kaum ein Unternehmen in Rumänien dürfte fähig sein, komplette Anlagen selbst herzustellen. Sehr viele könnten allerdings in der Lage sein, beispielsweise Teile für Windkraftanlagen zuzuliefern. Sowohl im Bereich Windanlagenbau als auch in der Modul-Produktion gibt es bereits die ersten Investitionsvorhaben ausländischer Unternehmen. Rechtliche Unklarheiten, die lange Zeit die Investoren abgeschreckt haben, sind gut erkannt und nahezu komplett ausgeräumt. Es sind zwar noch einige bürokratische Hürden zu nehmen, mittel- und langfristig sind die Aussichten in diesem Bereich jedoch sehr gut.
Cornel Prodan